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Berlin: PDS-Jungpolitiker niedergeschlagen

18-Jähriger vermutlich von Rechtsextremisten in Lichtenberg attackiert

Ein 18-jähriger Bezirkspolitiker der Linkspartei/PDS ist gestern früh vermutlich von Rechtsextremisten im Bahnhof Lichtenberg mit einer Flasche niedergeschlagen worden. Erst als Kirill Jermak zu Boden ging und die beiden Täter bat, ihn zu verschonen, flüchteten diese. Die Tat steht nach Einschätzung der Polizei im Zusammenhang mit der von der linken Szene organisierten Silvio-Meier- Demonstration, die am Sonnabend in Lichtenberg stattgefunden hatte – Kirill Jermak war in diesem Jahr Anmelder der Veranstaltung, bei der an den 1992 von Rechtsextremisten getöteten Hausbesetzer erinnert wird. Wie berichtet, hatten am Sonnabend etwa 50 Rechte am Bahnhof Lichtenberg gegen die Linken demonstriert.

Jermak schilderte die Attacke vom Sonntagmorgen so: „Die beiden Männer kamen mir entgegen. Einer fragte mich: ,Bist du der Linksfaschist?‘ Danach rissen sie mir die Mütze vom Kopf, einer schlug mir eine Flasche gegen die Schläfe. Zum Glück gab es keine Splitter.“ Bei der Polizei beschrieb der 18-Jährige, der seit der jüngsten Wahl für die PDS in der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg sitzt, die Täter als etwa 18 bis 20 Jahre alt. Die beiden dunkel gekleideten Männer seien optisch nicht der rechten Szene zuzuordnen, sagte Jermak, ihm bekannte Neonazis seien es nicht gewesen. Er wisse noch nicht einmal, ob er sie identifizieren könnte – um 6 Uhr früh herrschte Dunkelheit vor dem Eingang zur U-Bahn.

Dennoch ist sich der Schüler sicher, dass „das eine gezielte Sache“ war, wie er gestern dem Tagesspiegel sagte. Er selbst sei unauffällig gekleidet gewesen, habe allerdings einen linken Aufkleber getragen. Jermak kündigte an, „konsequent weiter gegen Rechts zu arbeiten“. Der 18 Jahre alte Schüler stammt aus der ehemaligen Sowjetunion, lebt seit 16 Jahren in Berlin.

Nach dem Überfall wurde Jermak ambulant im Krankenhaus behandelt, danach vom polizeilichen Staatsschutz vernommen, der für politische Delikte zuständig ist.

Die Lichtenberger PDS-Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch betonte gestern, dass die PDS den Kampf gegen den Rechtsextremismus noch verstärken werde. „Wir geben keinen Kiez und keine Straße verloren“, sagte die Politikerin. Der Bahnhof Lichtenberg und die Weitlingstraße gelten berlinweit als eine der größten rechten Hochburgen, mehrfach hatte es in den vergangenen Monaten dort Attacken von Neonazis auf Linke und Ausländer gegeben.

Ganz in der Nähe des Bahnhofs war im Mai der kurdischstämmige PDS-Politiker Giyasettin Sayan angegriffen und niedergeschlagen worden. Das 56-jährige Mitglied des Abgeordnetenhauses hatte dabei schwere Kopfverletzungen erlitten, er hatte lange im Krankenhaus gelegen. Nach Sayans Angaben war ein ausländerfeindlicher Überfall, die Täter konnten jedoch nicht gefunden werden. Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen im Oktober eingestellt.

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