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Berlin: PDS will Einheitsschule – SPD gerät ins Grübeln

Die Linkspartei beschließt ein Pilotprojekt nach skandinavischem Vorbild. Der Koalitionspartner hält noch am alten System fest

Sollte die Linkspartei/PDS nach der Wahl am 17. September wieder mit in der Landesregierung sitzen, steht Berlins Schulen ein historischer Umbruch bevor – wenn die SPD ihre bisherigen Bedenken gegen die Reform aufgibt.

Die Sozialisten wollen das dreigliedrige System aus Haupt- und Realschule sowie Gymnasium schrittweise durch ein integratives Schulsystem ersetzen, in dem alle Schüler gemeinsam bis zur zehnten oder zwölften Klasse lernen. Das beschloss die PDS am Sonnabend auf ihrem Landesparteitag als Teil ihres Wahlprogramms. „Das bisherige Schulsystem bringt schlechte Leistungen und schafft soziale Ungerechtigkeit“, sagte Carola Bluhm, Vizefraktionschefin der PDS im Abgeordnetenhaus. Nach einer ganztägigen Debatte stimmten die 120 Delegierten fast geschlossen für das Wahlprogramm. Es enthält neben dem Ziel der Schulreform unter anderem eine Absage an die bisherige Praxis der Ein-Euro-Jobs und ein Plädoyer gegen die Privatisierung landeseigener Betriebe.

Nach den PDS-Plänen sollen Berlins Schulen in den kommenden fünf Jahren freiwillig das neue Modell erproben. Das können Grundschulklassen sein, deren Schüler zusammenbleiben, aber auch „integrative Bildungszentren“ aus Grund- und Oberschulen. Auch die Umwandlung von Oberschulen hält die PDS für möglich. Schulen sollen durch zusätzliche Anreize motiviert werden. Im Schuljahr 2011/12 soll dann der Senat entscheiden, ob man das Modell auf alle Schulen überträgt. Bluhm nannte einige Schulen, in denen jetzt schon Haupt- und Realschüler gemeinsam lernen. Zusätzliche Pädagogen sollen die Klassen unterstützen. Geld sei künftig dafür da, weil durch sinkende Schülerzahlen Lehrerstellen frei würden.

Die SPD und vor allem ihr Bildungssenator Klaus Böger stehen dem Plan des Koalitionspartners skeptisch gegenüber. „Die PDS kann beschließen, was sie will, wir bleiben bei unserem Programm“, sagte Bögers Sprecher Jens Stiller. Auf ihrem Bildungsparteitag hatte die SPD vor einem Jahr zwar auch das gemeinsame Lernen bis zur zehnten Klasse beschlossen, aber ohne sich zeitlich festzulegen. Am 20. Mai will die SPD ihr Wahlprogramm beschließen. Bis dahin werde über die Einheitsschule noch heftig diskutiert, sagte Parteisprecher Hannes Hönemann. Einer der Gegner ist Karl-Heinz Nolte vom konservativen SPD-Flügel: „Die Strukturdebatte hat sich überholt. Sie hilft uns nicht bei den Problemen wie etwa in der Rütli-Schule.“ Außerdem: Wenn sich etwa Haupt- und Realschulen zusammenschließen wollten, könnten sie das auf Bezirksebene sowieso schon. Vorsichtige Zustimmung zum PDS-Vorhaben kommt von Felicitas Tesch, bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, die der Parteilinken nahe steht. „Solange das freiwillig geschieht, haben wir nichts dagegen.“ Allerdings dürfe man nichts überstürzen. Bisher habe es dazu noch keine Gespräche mit der PDS gegeben. „Die Eltern wollen das dreigliedrige Schulsystem beibehalten“, sagte Landeselternsprecher André Schindler. Man könne sich aber vorstellen, dass es pro Bezirk eine Einheitsschule gebe. Die Eltern müssten jedoch die Wahl zwischen allen Formen haben.

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