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Der Kreisel bringt es an den Tag...

© Kai-Uwe Heinrich

Personalprobleme im öffentlichen Dienst in Berlin: Gericht ohne Richter

Die Berliner Vergabekammer ist seit Sommer 2013 teilweise arbeitsunfähig. Auch ein Auftrag zur Sanierung des Steglitzer Kreisels war davon betroffen. Jetzt hat der Senat reagiert.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Vergabekammer des Landes Berlin, die über Beschwerden entscheidet, wenn sich Unternehmen bei der Ausschreibung öffentlicher Aufträge benachteiligt fühlen, ist seit Juni 2013 teilweise lahmgelegt. Die Kammer besteht aus zwei Beschlussabteilungen, von denen eine ihre Arbeit komplett einstellen musste – mangels juristisch ausgebildetem Personal. Die Stelle des Vorsitzenden war unbesetzt, zwei weitere hauptamtliche Mitglieder fehlten und auf der vierten Stelle saß ein Nichtjurist. Nur die ehrenamtlichen Mitglieder standen zur Verfügung. Das reichte nicht. Die zweite Beschlussabteilung stellte deshalb ihre Tätigkeit ein.

Was nicht bearbeitet wird, gilt als abgelehnt

Mit dem Ergebnis, dass immerhin neun Beschwerden gegen die Vergabe größerer öffentlicher Aufträge nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von fünf Wochen bearbeitet werden konnten. Denn die andere Beschlussabteilung, die vertretungsweise hätte einspringen können, war zumindest im vergangenen Jahr voll ausgelastet. Das Ergebnis: Die eingereichten Beschwerden galten nach Ablauf der fünfwöchigen Frist als abgelehnt und wurden ans Kammergericht als zweite Instanz weitergeleitet. Die Richter dort waren nicht amüsiert und schrieben dies, wie der Tagesspiegel im Juli berichtete, in ein Urteil zu einer Vergabebeschwerde hinein, die sich auf die Asbestsanierung des Steglitzer Kreisels bezog.

Der Fall landete wegen der Personalnot also beim Kammergericht Berlin, das der Vergabekammer schriftlich vorwarf, „die Aufnahme ihrer Amtstätigkeit in rechtsstaatswidriger Weise zu verweigern“. Das Thema ist jetzt wieder aktuell, weil die Staatsanwaltschaft gegen einen Vergabereferenten der landeseigenen Berliner Immobilien Management (BIM) wegen des Verdachts wettbewerbsbeschränkender Preisabsprachen, Bestechung und uneidlicher Falschaussage ermittelt. Den Zuschlag zur Sanierung des Kreisels hatte ein Bieterkonsortium erhalten. Ein im Vergabeverfahren unterlegener Bauunternehmer legte dagegen Beschwerde ein. Das Kammergericht gab ihm Recht. Inzwischen wurde die Asbestsanierung teilweise neu ausgeschrieben.

Die Erkenntnis des Senats: Im Justizressort sitzen mehr Juristen

Eigentlich wäre das ein Fall für die Vergabekammer gewesen, deren Personalnöte schon im Februar 2014 Gegenstand einer Anfrage des Abgeordneten Simon Weiß (Piraten) waren. Im März bestätigte die Wirtschaftsverwaltung des Senats, der die Dienstaufsicht über die Vergabekammer obliegt, die Probleme. Und kündigte an, „dass die „Einrichtung weiterer Planstellen für hauptamtliche Juristen“ beabsichtigt sei. „Es laufen zurzeit intensive Bemühungen, die Besetzung der Kammer zu optimieren.“

Nun ist es soweit. Der Senat beschloss am Dienstag, die Zuständigkeit der personellen Besetzung der Vergabekammer von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf die Justizbehörde zu verlagern. Denn mindestens ein hauptamtlicher Beisitzer der Kammer muss die Befähigung für das Richteramt haben. Die kluge, wenn auch späte Erkenntnis des Senats: „Im Justizressort erfüllen wesentlich mehr Dienstkräfte diese Anforderung.“

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