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Berlin: Pfand-Fragen

Ab Januar müssen Händler Dosen zurücknehmen. Aber kaum einer weiß, wie das funktionieren soll

Von Cay Dobberke

und Annette Kögel

Das Dosenpfand kommt – und das wird erst mal umständlich. Die meisten Berliner Getränkehändler haben bisher lediglich Notlösungen für die neue Rücknahmepflicht. Sie wollen Dosen und Einwegflaschen nur annehmen, die auch bei ihnen gekauft wurden. Deshalb wollen sie ab Januar entweder spezielle Pfandmarken ausgeben – oder der Kunde muss den Kassenbon aufbewahren. Laut Gesetz soll dem Verbraucher zwar freistehen, wo er die Getränkeverpackungen abgibt, doch dazu wäre nach Meinung der Händler ein einheitliches Rücknahmesystem nötig.

Jan Holzweißig vom Einzelhandelsverband rät den Händlern zur Kassenbon-Variante und warnt sie gleichzeitig vor Verstößen gegen die neue Verordnung. Denn diese können bis zu 50 000 Euro kosten.

Die Supermarktkette Aldi geht einen anderen, rigorosen Weg: Das Dosenbier wird im Januar gar nicht mehr verkauft. Man wolle „nach Wegen suchen“, die Bierdosen durch andere Verpackungen zu ersetzen, teilte Aldi Nord mit. Edeka und Reichelt beraten noch über ihren Umgang mit dem Pfand. Meyer-Beck plant „keinerlei Investitionen“ vor dem Verfassungsgerichtsurteil zu einer Klage von „Rewe“-Händlern. Die Rücknahme werde anhand des Kassenbons und „rein manuell“ ohne Automaten abgewickelt, sagte Geschäftsführer Karl-Ulrich Schellhaas.

Die kleineren Händler fragen sich, wie sie mit den Dosen umgehen sollen: Horst Faber vom Landesverband der Lebensmittelhändler – und selbst Getränkeladeninhaber – sagt, dass die Lagerung ein Problem wird. Man brauche einen Partner, der die stinkenden Dosen im Wochenrhythmus abhole. Ein Rücknahmeautomat sei für kleinere Läden zu teuer. Der Verzicht auf Dosen komme für ihn aber auch nicht in Frage. Er fordert ein „ein Sero-System“ wie in der DDR, um die Rückgabe in speziellen Sammelstellen zu ermöglichen. Im Unklaren gelassen sieht sich auch Sulaf Ahmed, Geschäftsführer von „Bolle“ an der Potsdamer Straße in Mitte. Er hat zur Rücknahme bisher von keinem Geschäftspartner „Konkretes erfahren“.

Auch den Kioskbesitzern, Tankstellenpächtern und Einzelhändlern bereitet das Pfand, dass die Verbraucher zum Kauf von umweltfreundlichen Mehrwegpackungen animieren soll, Kopfzerbrechen. „Wie das genau funktioniert? Keine Ahnung“, sagt Sigrid Kessler, Inhaberin des Zeitungsladens an der Großgörschenstraße in Schöneberg. „Ich werde im Laden wohl einen Müllsack aufhängen, in dem die Büchsen landen und den ich huckepack zum Großhändler trage.“ Damit sie das Pfand nur an eigene Kunden auszahlt, will sie Marken ausgeben „wie an der Losbude mit einer Nummer hintendrauf“.

Um seine Existenz fürchtet „Edeka“-Inhaber Dieter Kesselbach. „Große Getränkemengen kaufen die Leute im Supermarkt. Bei mir holen sie sich rasch eine Büchse. Aber bestimmt nicht mehr, wenn die noch teurer ist.“ Kesselbach, der sich ohnehin durch den „Teuro“ und die Wirtschaftslage gezeichnet sieht, macht noch etwas anderes Sorgen: Er hat bereits einen Drohbrief der Umweltverbände erhalten, die Testkäufe ankündigen – und Klagen mit hohen Bußgeldern.

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