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Berlin: Pfennigfuchser

VON TAG ZU TAG von Ingo Bach Da liegt es, das Cent-Stück. Rostig-rot, unscheinbar, kaum zu unterscheiden vom Pflaster des Bürgersteiges.

VON TAG ZU TAG

von Ingo Bach

Da liegt es, das Cent-Stück. Rostig-rot, unscheinbar, kaum zu unterscheiden vom Pflaster des Bürgersteiges. Wer weiß, bei welcher Gelegenheit es einer Börse entschlüpfte? Doch die Geschichte des Ausreißers interessiert hier nicht. Hunderte Passanten hasten an der Münze vorbei, keiner, der sie eines Blickes würdigte, geschweige denn, sich nach ihr bückte. Niemand hat es nötig, sich nach einem so unbedeutenden Stück Kupfer krumm zu machen.

In den Amtsstuben der Bezirke dagegen weiß man jedes Sümmchen zu schätzen. Den, so erfuhren wir es aus unzähligen Protesten, überlasteten Mitarbeitern ist jede Krümmung recht, um an Geld zu kommen. Hier ehrt man noch den Pfennig. Wahrscheinlich wollen die Beamten so beweisen, dass sie viele Taler wert sind. Und so muss man das Schreiben, das das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf an eine Bürgerin verschickte, nicht als Schikane verstehen, sondern als Fehlprägung Neuberliner Sparart. Darin forderte der Beamte eine Lehrerin auf, die Restmiete für ihren Schulparkplatz zu überweisen. Die pflichtvergessene Bürgerin hatte die 92,03 Euro „Nutzungsentgelt“ auf 92 Euro abgerundet. Ohne die ausstehenden drei Cent sei die Buchung nicht komplett, schrieb der emsige Amtmann. Allein die Arbeitszeit, die er für das Aufsetzen der sehr individuellen Mahnung benötigte, dürfte ein Vielfaches der geforderten Summe gekostet haben. Die Bürgerin aber nahm es mit dem Cent wieder nicht so genau. Statt der drei übersandte sie ein Fünf-Cent-Stück an das sparsame Amt – der Rest für die Mühe. Und wieder steht die Behörde vor einem Buchungsdilemma.

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