zum Hauptinhalt
Prächtig. Viele Teilnehmer am Karneval der Kulturen legen sich mächtig ins Zeug – körperlich wie finanziell.

© dapd

Pfingstwochenende: Beim Karneval der Kulturen tanzt Berlin

Rund 5000 Teilnehmer werden am Pfingstwochenende beim Karneval der Kulturen erwartet. Es geht ihnen um Lebenslust - aber auch um politische Botschaften.

Klar, Karneval hat mit Schuhen zu tun. Schließlich will man ja tanzen, und das besser nicht barfuß, bei den vielen Glasscherben. Die beiden Riesenschuhe aus Pappmaché, die am Sonntag den Wagen von Calaca e.V. auf dem Karneval der Kulturen zieren werden, haben allerdings eine andere Funktion. Sie sollen nicht schmücken, sondern anprangern. Denn in anderen Kulturen gelten Schuhe als Inbegriff von Schmutz und Unreinheit, ihr Zeigen oder gar Werfen ist eine schwere Beleidigung. „Wir wollen allen Steuerflüchtlingen und Finanzjongleuren zeigen, was wir von ihnen halten“, sagt Mario Vázquez von Calaca, der die Schuhe gemeinsam mit anderen gebaut hat. „Sie haben eine Finanzkrise ausgelöst, die jetzt diejenigen ausbaden müssen, die im wirklichen Leben nichts zu melden haben.“

Der Karneval der Kulturen, der am Pfingstwochenende zum 17. Mal stattfindet, hat immer auch politische Botschaften transportiert. 96 Gruppen nehmen am Umzug teil, Calaca ist eine davon. Der Verein wurde 1996 von Mexikanern, Spaniern und Deutschen in Berlin gegründet, im selben Jahr wie der Karneval, und er war von Anfang an dabei. Eigentlich ist „Calaca“ ein gruseliger Name, er bedeutet „Gerippe“ und geht auf das mexikanische Totenfest zurück, das bekanntlich nicht im Mai, sondern am 1. November gefeiert wird. Die Verstorbenen werden aus dem Jenseits erwartet, um mit den Lebenden bei Musik und leckerem Essen fröhliches Wiedersehen zu feiern.

Sehen Sie hier Bilder vom Karneval der Kulturen 2011:

Beim Karneval aber wollen die Calaca-Mitglieder nicht nur fröhlich sein. Sie werden sich als „Los Indignados“ („Die Empörten“) verkleiden und mit bunten Schuhen in der Hand tanzen. Graffiti-Künstlern besprühen eine Mauer mit „Indignate!“ („Empört euch“), der berühmten Parole des französischen Schriftstellers Stéphane Hessel. „Wir denken, dass die Finanzkrise nicht wirklich eine Krise ist“, sagt Carmen Rojas, „sondern ein Signal dafür, dass das System nicht funktioniert.“ Zornig ist sie auch darüber, dass die Drogenkriege in Mexiko nicht zuletzt durch deutsche Waffen am Leben gehalten werden. Sie selbst kommt aus Peru, sie lebt seit 14 Jahren in Berlin und kam aus demselben Grund hierher wie Mario Vazquez: wegen der Liebe. Vazquez arbeitet als Schauspieler und Fotograf.

Zwei von 5000: So viele Menschen sollen nach Veranstalterangaben diesmal mitmachen, beim Straßenfest am Halleschen Tor, beim Kinderkarneval am Sonnabend, beim Umzug am Pfingstsonntag.

Viele Gruppen aus dem asiatischen Raum sind dabei, erstmals auch eine Seniorengruppe aus Friedrichshain-Kreuzberg. Sie alle haben, wie auch Calaca, mit hohen Kosten zu kämpfen. Teilnahmegebühren gibt es zwar nicht, allerdings fordern die Wagenmiete und die Aufbauten viel Einsatz, auch finanziellen, von den Gruppen ab. Aber: „Es ist wichtig, dass wir mitmachen“, sagt Carmen Rojas. „Damit nicht nur Folklore gezeigt wird, sondern auch politische Ziele deutlich werden.“ Aber keine Bange: Tanzen darf man auch. Ob mit Schuhen oder ohne.

Sehen Sie hier Bilder vom Karneval der Kulturen 2010:

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false