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Gartenbau

© Thilo Rückeis

Pflanzen: Die feine englische Garten-Art

Landschaftsarchitektin Gabriella Pape will die Deutschen das Pflanzen lehren – an einem historischen Ort

Von Susanne Leimstoll

Gartenarchitekten sind eine scheue Spezies: Sie verstecken sich irgendwo und Otto-Normalgärtner findet sie nicht. Der deutsche Hobbygärtner dagegen ist häufig hilflos. Er traut sich nichts zu. Er sät Rasen, setzt ständig Koniferen, ein Beet ist schon die Kür, die er meist verpatzt.

Es gibt Hoffnung. Gabriella Pape, 44, international renommierte Landschaftsarchitektin mit Wohnsitz nahe Oxford, will beide zusammen bringen und die seit den fünfziger Jahren verwelkte deutsche Gartenkultur neu inspirieren. Nicht irgendwie, sondern mit Stil. Nicht irgendwo, sondern von einem geschichtsträchtigen Standort aus. Dafür hat sie 9000 Quadratmeter Gelände gekauft, ein ganzes Gelände restauriert. Ein millionenschweres Projekt, gestemmt ohne öffentliche Mittel: Die Königliche Gartenakademie in Dahlem, vis à vis dem Botanischen Garten, eine Gewächshausanlage von 1907, in der Jahrzehnte lang Landschaftsgärtner geschult wurden. Da will sie von Mai an zusammen mit Gartenhistorikerin Isabell van Groeningen die Kunden schulen. Nicht berlinweit, deutschlandweit, europaweit. Es gibt Workshop-Anfragen aus dem In- und Ausland. Die Ladys sind, gartentechnisch gesehen, englischer Adel. Selbst Prince Charles schätzt Gabriella Papes Rat.

Überall Handwerker. Sitzen auf den Glasdächern der Königlichen Gewächshäuser und montieren Jalousien aus Tanne, klempnern im ehemaligen stockdunklen Champignonhaus, das jetzt ein WC mit Edelstahlkabinen und blau-violett-rosa Farbkonzept ist. Schreinern aus dem Wurzelhaus, wo Studenten früher durch eine Glasfront das Wachstum der Pflanzen beonbachteten, ein Büro. Decken im Hauptgewächshaus die alten Schächte, in denen jetzt Rohre und Computerkabel laufen, mit Lochmuster- durchbrochenen Eisenplatten ab, in einem lichten Raum, der gesäumt wird von dunkelroten Spalierbogen, in die am Abend zuvor Gärtner blühende Rankpflanzen gewoben haben: Bougainvillen, Passionsblume, Heliotrop. Draußen blühen auf den Stellagen tausende Stauden, nach Farben geordnet: vorne knallrot, orange, blau, nach hinten weg die feineren, hellen Töne, ganz hinten die Schattenpflanzen. Getrennt von Spalieren, an denen sich weiß blühende Zierapfelzweige wie Tentakeln schlängeln. Und in den Gewächshäusern drängen 7000 einjährige Pflänzchen ans Licht. Die Setzlinge haben Pape und van Groeningen aus England in Koffern mitgebracht. Nachkommen besonders schöner, widerstandsfähiger Sorten. „Nachhaltigkeit“ nennt Gabriella Pape das. Nichts Anderes als der Reimport der Staude.

Auch die Wege sind auf dem Gelände Anschauungsmaterial: Thymian als Ritzenfüller, hochkant verlegte Dachziegel. Muschelkalk-Stein und Steine aus der Glindower Ziegelei, Pflaster, von feinem Stein gerahmt. 45 unterschiedliche Materialien. Viele Wege, Gartenwege zu pflastern. In den umliegenden Gewächshäusern Betriebe, die stilvolle Utensilien bieten: Spaliere, Steine, Gartengerät, Accessoires. Mittendrin, im hohen Glashaus, ein Café, in dem man Roseneis und Blütenkonfekt naschen kann – auch draußen unter orangeroten Schirmen.

Im Glashaus-Büro will Gabriella Pape Gartenkultur erschwinglich machen – mit ihrem „Ein-Euro-pro-Quadratmeter“-Konzept. Der Hobbygärtner bekommt dafür von der Expertin einen Komplett-Entwurf, einen Masterplan plus einer Drei-D-Skizze – wenn er denn Vorarbeit leistet, Bilder von seinen Gartenträumen mitbringt und Fotos vom Haus. Pape lernte da von Easy Jet: alles Überflüssige streichen. Die Termine vor Ort, sagt sie, kann man sich als Gartenarchitekt sparen. Der Plan entsteht am grünen Tisch. Inspiration gibt’s auch in Seminaren und Workshops. Da pilgern auch die Kollegen Landschaftsarchitekten hin. Neulich hatten sich vorsichtig 40 angekündigt. Am Ende standen 120 da.

Königliche Gartenakademie, Altensteinstr. 15a, Dahlem, Mai bis September (www.koenigliche-gartenakademie.de)

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