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Berlin: Pflüger will von einer Niederlage nichts wissen

CDU-Landeschef Ingo Schmitt mahnt allerdings, das negative Ergebnis anzuerkennen

Am Tag nach der Niederlage hatte sich Friedbert Pflüger ein wenig abgekühlt. Er erklärte das Ergebnis des Volksentscheids über den Tempelhofer Flughafen zwar zum „Erfolg“, versprach aber auch, zu akzeptieren, dass es „zu einem formalen Gewinn des Volksentscheids“ nicht gereicht hat.

Am Abend zuvor hatte sich der CDU-Fraktionschef noch anders angehört. Was ganz einfach eine Niederlage war, schien Pflüger für einen Sieg zu halten. Er sprach vom „Sieg eines breiten bürgerlichen Bündnisses“. Er argumentierte: Wenn der Regierende Bürgermeister ankündige, Tempelhof werde zugemacht, wie auch immer der Volksentscheid ausgehe, „dann zählt es, dass wir heute gewonnen haben“. Sollte heißen: Wowereit kümmert sich nicht um Volkes Meinung – dann muss sich Pflüger nicht um die verfassungsrechtlichen Formalitäten kümmern.

Eine erste Zurechtweisung kam am Tag nach der Abstimmung vom Landeschef Ingo Schmitt. Er mahnte den Fraktionsvorsitzenden indirekt, indem er daran erinnerte, dass zur Demokratie auch gehöre, das Ergebnis zu akzeptieren. Ein langjähriger CDU-Politiker sagte der Nachrichtenagentur dpa, es werde jetzt wohl nicht lange dauern, bis an Pflügers Stuhl gerüttelt werde.

Die Flucht nach vorn hatte der Fraktionschef aber nicht alleine angetreten. Auch andere wichtige Leute in der CDU interpretierten das Scheitern des basisdemokratischen Rettungsversuchs für den Flughafen zum Erfolg um: Die CDU habe gezeigt, dass sie wieder kampagnenfähig sei, hieß es. Die CDU habe gezeigt, dass sie bei einem wichtigen Thema mehr Stimmen mobilisieren könne als die 424 000 SPD-Stimmen bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 2006. Man sei „wieder da“, sagte Pflüger. Er sagte gestern im Fernsehen allerdings auch, er habe nicht geglaubt, dass das Quorum erreicht werde. Nun sagen seine Parteifreunde: Wenn schon Kampagne, dann auch richtig – anders könne man mit solchen Themen nicht umgehen.

Niemand in der CDU glaubt, dass durch die Konzentration auf Tempelhof und die kleinen Flugzeuge das Verhältnis zu den Grünen gelitten habe. So sieht es auch die Grünen-Landesvorsitzende Irmgard Franke-Dressler. Man sei sachlich mit den Meinungsunterschieden über Tempelhof umgegangen, sagt sie. Ressentiments bleiben da nicht – es habe „keine persönlichen Verletzungen“ gegeben. Die Grünen-Politikerin diagnostiziert bei ihrem potenziellen Koalitionspartner allerdings „absolute Realitätsverdrängung“.

Grüne und Liberale warten nun darauf, dass die Union wieder auf andere Themen ansprechbar wird. Auf das Lagerdenken, das Pflüger und andere CDU-Politker in Tempelhof wieder entdeckt haben, will sich FDP-Landeschef Markus Löning aber nicht einlassen. Die Liberalen gehörten in kein Lager, stellt er am Montag fest. Wenn es ein „bürgerliches Lager“ in Berlin gebe, sei dies sehr klein.

Immerhin wollen die Liberalen die Union bei der nächsten Kampagne unterstützen – beim Kampf für den Religionsunterricht. Derzeit ist der Glaube, dass es dabei so hoch hergehen wird wie bei „Tempelhof“ nicht sehr verbreitet – auch wenn FDP-Fraktionschef Martin Lindner darauf setzt, dass diese Schulfrage viel mehr Menschen „direkt betrifft“ als die Zukunft des Tempelhofer Flughafens.

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