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Berlin: Pilgerfahrt nach Spandau

Sonderzüge sind auf dem Weg in die Stadt. Fanshops verkaufen Devotionalien

Die Frau aus Baden-Württemberg überlegt. Soll sie ihrer Mutter nun eine Postkarte mit dem Brandenburger Tor schicken oder doch lieber eine Karte mit dem Bild vom Papst? „Ach, schließlich ist der Papstbesuch in Berlin etwas Besonderes“, sagt die 23-jährige Touristin und wählt aus dem umfangreichen Angebot der Papstkarten ein Bild von Benedikt XVI. im weißen Messgewand und mit zwei grauen Puschelmikrofonen. Wer mehr Produkte zum Berlin-Besuch von Joseph Ratzinger sucht, wird allerdings in den Souvenirshops Unter den Linden und im Hauptbahnhof nicht fündig.

Da helfen nur spezialisierte Geschäfte wie der Devotionalienladen „Ave Maria“ in der Potsdamer Straße 75 oder „Baumann – das Spezialhaus für Kirchenbedarf“ in der Trautenaustraße 14 in Wilmersdorf. Bei Baumann findet sich alles, was das Herz des Papstanhängers höherschlagen lässt: Eine Vatikan-Flagge, die mit anderthalb Metern Breite viel imposanter wirkt als die kleinen Fähnchen aus dem offiziellen Merchandisingangebot, das online und am Olympiastadion verkauft wird. Außerdem gibt es Rosenkränze mit Ratzingers Konterfei, Plaketten, Windlichter und Kerzen.

All das sucht man in der Buchhandlung „Ebert und Weber“ in der Falckensteinstraße 44 in Kreuzberg zwar vergeblich. „Wir haben nichts mit dem Papst zu schaffen, weder im Guten wie im Bösen“, sagt Inhaberin Katja Weber. Dennoch verkauft die Buchhandlung seit fünf Jahren eine ganz spezielle Devotionalie, das „Ratzefummel“. Der Erfolgsspruch zu dem weißen Radiergummi geschmückt mit Ratzingers Kopf unterm Heiligenschein: „Kleine Bleistiftsünden einfach wegradieren.“

Das dürfte vielen Schülern gefallen. Sie gehören zudem zu den Glücklichen, die bei einem spontanen Berlin-Besuch womöglich noch am unkompliziertesten eine Übernachtungsmöglichkeit finden würden. Denn fast alle großen Hotels sind wegen des Berlin-Marathons am Sonntag, der Papstvisite und mehrerer Kongresse ausgebucht. Jugendlichen aus ganz Deutschland bietet das Erzbistum Berlin zum Papstbesuch aber noch kostenlose Schlafmöglichkeiten in katholischen Schulen (Tel. 326 84 253). Rund 700 Plätze für Isomatten und Schlafsäcke sind noch frei – allerdings sind die Plätze für die Papstmesse im Olympiastadion längst alle belegt, und die Chancen, Benedikt XVI. einfach so zu Gesicht zu bekommen, stehen wegen der hohen Sicherheitsvorkehrungen schlecht.

Wer sich rechtzeitig um Karten für das Olympiastadion bemüht hat, ist also besser dran. So wie die rund 2000 Reisenden der drei Sonderzüge aus München, Nürnberg und Köln, die am Nachmittag in Spandau ankommen und von dort zum Olympiastadion fahren. Probleme mit Übernachtungsmöglichkeiten haben sie keine, denn während der Papst predigt, werden in den Schlafabteilen der Züge schon die Betten für die Rückfahrt gemacht.Eva Kalwa

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