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Bei der Piratenparty im Ritter Butzke ging es teilweise hoch her. Doch es gab immer wieder auch nachdenkliche Stimmen.

© Björn Kietzmann

Wahlparty: Piraten feiern ihren unfassbaren Erfolg

Auf ihrer Wahlparty in Kreuzberg mussten die Piraten erst einmal verarbeiten, was da gerade geschehen war.

Sie jubelten und brüllten, doch Christopher Lauer konnte nicht mitjubeln. Zu viele Arme, Köpfe, Hände versperrten die Sicht für den Mann, der in Pankow antrat und einer von Berlins prominentesten Piraten ist. „Wie viel? Wie viel?“, rief Lauer. Dann, endlich, konnte er die Säule sehen, die sich auf der Leinwand emporgestreckt und bei 8,5 Prozent angehalten hatte. Dass Lauer das nicht glauben konnte, war ihm anzusehen. Er rang um Luft, raufte sich die Haare. Schließlich fiel er einem Mitstreiter um den Hals. „Ich bin heute schon den ganzen Tag so aufgeregt“, hatte ein Gast der Piratenparty noch um 17.20 Uhr gesagt.

Nun hieß es: nicht mehr bangen, sondern freuen, nicht mehr hoffen, sondern triumphieren. „Zehn, neun, acht...“, zählten die Piraten vor der ersten Prognose herunter, und danach lagen sie sich in den Armen. Sie genossen einen Sieg, der so groß, so beeindruckend war, wie es kaum jemand vorausgesehen hatte.

Die Wahlparty stieg im Ritter Butzke in Kreuzberg. Viele junge Menschen waren gekommen, viele Männer. Piratenkopftücher waren zu sehen, zottelige Bärte, bunte T-Shirts. Aber auch Ältere, Frauen und ein paar Familien waren dabei. Schon um 17.10 Uhr drängten sich fast 100 Menschen vor dem Tor, durch das es zur Party ging. Sie applaudierten, als Aktivisten ein Holzboot mit gehisster Piratenflagge auf den Hof schoben. „Hey, hier ist noch eine volle Club-Mate-Flasche drin“, sagte einer der Aktivisten und bediente sich aus dem Schiffsrumpf.

„Wenn voll ist, ist voll“, hieß es am Einlass. „In einer Stunde wird es wohl so weit sein.“ Später musste teilweise ein Türsteher den Eingang zum Hauptraum dicht machen. Auf das Gelände aber konnten alle kommen, die mit dabei sein wollten an diesem Abend, an dem die Piratenpartei zum ersten Mal in ein Landesparlament einzog.

Die Piraten feierten, aber es war auch zu spüren, dass sie ihren Erfolg nicht richtig fassen konnten. Jedesmal, wenn auf der Leinwand wieder eine Prognose zu sehen war, wurde es laut. Sonst waren keine Sprechchöre zu hören, viele Piraten standen einfach beieinander. Sie mussten verarbeiten, was gerade geschehen war. „Ich bin sprachlos, total überwältigt“, sagte Jens Harzer. Seit drei Monaten ist er dabei aus „Enttäuschung“ über die anderen Parteien und weil es bei den Piraten transparent zugehe.

Manche wurden angesichts des Ergebnisses schon beinahe skeptisch: „Ich bin nicht sicher, ob nicht ein bisschen weniger besser gewesen wäre“, sagte Katalin Nagy-Major, die seit einem halben Jahr bei den Piraten mitmischt. „Jetzt sind die Erwartungen so hoch.“ Hohe Erwartungen hatte auch Rickard Falkvinge, der Gründer der ersten, schwedischen Piratenpartei. Er war nach Berlin gekommen, kletterte auf die Bühne und sagte: „Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten.“

Die Piraten seien nun eine weltweite Graswurzelbewegung. Erst einmal nicht mitfeiern konnte Spitzenkandidat Andreas Baum: Im Abgeordnetenhaus stand er Journalisten Rede und Antwort. Er war also schon am künftigen, parlamentarischen Wirkungsort und schickte, immerhin, per Fernsehinterview viele Grüße zur Party.

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