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Plagiat: Berliner CDU vergibt Fraktionschef Graf

Er hat seinen Doktortitel zurückgegeben, um einer möglichen Aberkennung zuvorzukommen. Die CDU spricht Graf ihr Vertrauen aus. Trotzdem bleiben Fragen offen.

Als der Berliner CDU-Vorsitzende Frank Henkel am Donnerstagmorgen um kurz nach neun vor die Kameras und Mikrofone tritt, ist die Botschaft klar: So einen wie Florian Graf lässt man nicht einfach fallen, weil er bei seiner Doktorarbeit getäuscht hat. Dafür ist der politisch bestens vernetzte Fraktionschef im Abgeordnetenhaus in den vergangenen Jahren zu wichtig geworden für die Partei, die erst seit einem halben Jahr in der Hauptstadt wieder in der Regierung sitzt.

Graf, der am vergangenen Freitag angesichts drohender Enthüllungen seines Plagiats in die Offensive gegangen und seinen Doktortitel zurückgegeben hat, habe „Demut und Reue gezeigt“, lobt Henkel. Der 38-Jährige habe seine Fraktionskollegen um Entschuldigung gebeten – „mehr kann man nicht machen“. Und will man auch nicht: Graf habe „viel zur hervorragenden Regierungsarbeit beigetragen“, sagt Henkel, in der politischen Arbeit sei ihm „nichts vorzuwerfen“.

Kurz vorher hatten in einer geheimen Abstimmung 88 Prozent der Mitglieder der CDU-Fraktion Graf das Vertrauen ausgesprochen. Nur drei von 34 anwesenden Abgeordneten wollen ihn nicht mehr als Fraktionschef, nachdem vergangene Woche bekannt geworden war, dass er vor zwei Jahren bei seiner Doktorarbeit größere Teile aus anderen Arbeiten übernommen hat, ohne dies zu kennzeichnen. „Nicht eine kritische Stimme“ habe es in der Sitzung gegeben, sagt hinterher ein Abgeordneter. Henkel bestätigt: „Es gab keine Aussprache.“ Es gab eine kurze persönliche Erklärung Grafs, der zusammen mit Henkel und dem an diesem Morgen ebenfalls anwesenden Generalsekretär und Bundestagsabgeordneten Kai Wegner das Machtzentrum der Berliner CDU bildet.

Lediglich der eine oder andere Parteifreund, der anonym bleiben möchte, ließ angesichts der Affäre Unmut erkennen, dass Graf so ungeschoren davonkommt. „Das ist wie damals bei Diepgen und Landowsky“, sagt ein CDU-Mann verärgert. „Die bauen eine Schutzmauer um ihn.“

Graf selbst hofft, dass die Affäre nun vorbei ist und er sich wieder auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren kann, wie er in einem kurzen Statement nach der Fraktionssitzung sagt. Er habe „große Fehler gemacht und die Konsequenzen gezogen“. Nun wolle er „das in der Öffentlichkeit verloren gegangene Vertrauen zurückgewinnen“. Fragen lässt er nicht zu.

Dabei gibt es noch einiges zu erklären. Das sieht auch die Universität Potsdam so. Die Dekanin der Sozialwissenschaftlichen Fakultät, Theresa Wobbe, empfiehlt ihren Kollegen, „das Verfahren der Promotion Graf einer eingehenden Prüfung zu unterziehen, um daraus Schlüsse für die weitere Arbeit abzuleiten“. Noch ist zum Beispiel unklar, wieso das Plagiat erst entdeckt wurde, als Journalisten entsprechende Anfragen an die Universität richteten. Und eine Tagesspiegel-Anfrage vom Mittwoch, wieso Grafs Arbeit mehr als ein Jahr lang unter Verschluss gehalten wurde und dadurch nicht extern auf Plagiate hin untersucht werden konnte, hat die Universität bislang ebenfalls nicht beantwortet.

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