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Berlin: Platte runter, Qualität hoch

Seit gestern wird ein Wohnblock zu den „Ahrensfelder Terrassen“

Rund 4000 unsanierte Wohnungen stehen bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf der Abrissliste, davon 3000 in Marzahn. In der Behörde wird sogar daran gedacht, auch modernisierte Plattenbauwohnungen abzureißen. Bewohner sind verunsichert. Rund 2400 Wohnungen wird die städtische Wohnungsgesellschaft Marzahn bald abreißen lassen. Mehr sollen es nicht werden, sagt Sprecherin Erika Kröber. „Wir sind nicht die Abrissfirma des Senats.“ Nach jüngsten Prognosen, dass jeder dritte Bewohner die Großsiedlungen bis 2020 verlässt, haben Anrufer bei der Gesellschaft schon angefragt: „Will man uns aufgeben?“ Das möchte die Gesellschaft nicht; sie will die Mieter halten und hofft auf ihr Modell der „Ahrensfelder Terrassen“, die zumindest die weithin leer geräumte Gegend um die Havemannstraße verändern werden.

Gestern hob der Abrisskran an der Havemannstraße die erste Platte aus einem elfgeschossigen Haus. Für die Ahrensfelder Terrassen werden jeweils fünf bis sechs Etagen mehrerer Hochhäuser abgetragen. Später sollen die unteren Etagen modernisiert werden und ringsum Gärten entstehen. „Es wird hier schöner“, sagt der griechische Wirt in der nahen „Taverna Iason“ beim Blick aus dem Restaurantfenster, „ganz bestimmt.“

Schlagzeilen über die „Flucht aus der Platte“ haben auch Erika Kröber traurig gemacht. Solche Meldungen schadeten allen Bemühungen, die Leute zu halten. Prognosen seien aber zwiespältig: Vor mehr als zehn Jahren habe man Berlin stark wachsende Einwohnerzahlen vorausgesagt, und was sei passiert? „Es gibt keine Flucht aus der Platte“, sagt auch Christa Fluhr vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, nur eine Flucht aus unattraktiven Wohnverhältnissen, egal, ob aus unsanierten Platten- oder Altbauten. Bei voll sanierten Plattenwohnungen stünden durchschnittlich nur 5,2 Prozent leer.

Aber der Nordosten Marzahns, wo sieben Prozent der sanierten und bis zu 30 Prozent der unsanierten Bauten verwaist sind, hat wegen der harten Stadtrandlage ein Problem mit dem Brandenburgischen Speckgürtel, wie Bezirksbürgermeister Uwe Klett (PDS) bestätigt. Viele Investoren habe aber überrascht, wie sauber, hell und kinderfreundlich es hier sei. Nicht umsonst hätten amerikanische Firmen Wohnungen gekauft. Inzwischen gebe es fast 40 verschiedene Eigentümer der „Platte“. Aber oft werde der Bezirk noch immer falsch wahrgenommen. Zusammen mit Lichtenberg-Hohenschönhausen werde eine „Image-Kampagne“ geplant.

Allein aus der Marzahner Platte zogen seit 1990 rund 30000 Bewohner weg, aber immerhin lebten hier noch über 200000 Menschen, heißt es bei der Wohnungsbaugesellschaft. Sie habe sich als erste zum Stadtumbau bekannt und erkannt, dass man Mietern neue Angebote wie bei den Ahrensfelder Terrassen machen müsse. Aber die Kommune sollte sich mehr um frei werdende Flächen kümmern; es müsse bekannter werden, dass Marzahn ein gefragter Ort für Investitionen sei, was Ansiedlungen von ECE mit einem Einkaufszentrum, von Daimler-Chrysler, BMW und Knorr-Bremse zeigten. „Wir sind kein Problemkiez“, versichert Erika Kröber.

Christian van Lessen

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