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Platz da!: Folge 5: Platz am U-Bahnhof Alt-Tegel

Heute ist der Platz an der Straße Alt-Tegel kaum mehr als ein U-Bahnhof mit Fußgängerzone. Dabei müsste man ihn nur ein wenig formen.

Ach, das ist ein Platz?“ Immer wieder wurde bei der Arbeit an dieser Serie deutlich, dass die Berliner unter „Alt-Tegel“ einen U-Bahnhof mit angeschlossener Fußgängerzone verstehen, eine ehemalige Straßenkreuzung – aber eben keinen Platz als vielfach nutzbaren Stadtraum. Wer selbst in Tegel oder den nördlichen Außenbezirken wohnt, der kennt das Areal als vielfach vernetzten Einkaufs- und Verkehrsknotenpunkt mit Bussen und der U-Bahn. Aber auch den meisten anderen Berlinern ist Alt-Tegel vertraut als Beginn der Fußgängerzone, die direkt auf den Tegeler See und die beliebte Greenwich-Promenade zuführt.

Dieser abrupte Übergang vom Shopping- und Verkehrsgewühl des Tegeler Zentrums direkt in eine fast mediterrane Ausflugsidylle ist eine spezielle Qualität des Platzes, die sich in Berlin so nicht noch einmal findet. Dementsprechend sind dort zahlreiche kleine Gaststätten und vor allem Eisdielen angesiedelt. Bei schönem Wetter dominieren rüstige Wanderer in bunten Funktionsjacken das Bild, die überwiegend von Bahn und Bus in Richtung See und zurück streben.

All dies bedeutet: Der Platz Alt-Tegel, sofern man ihn als solchen wahrnimmt, funktioniert und wird von den Bürgern angenommen und intensiv genutzt, muss also nicht grundsätzlich neu durchdacht und gestaltet werden. Probleme ergeben sich allenfalls daraus, dass seine jetzige Form weniger geplant als zufällig gewachsen erscheint.

Bilder: Platzda! Die Leserdebatte zu Berlins Stadtplätzen

Man sieht noch deutlich, dass sich hier einst eine ganz normale Straßenkreuzung befand, auf die auch die heute unmotiviert erscheinende Lage der U-Bahneingänge zurückgeht. Ältere Tegeler nennen Alt-Tegel noch immer „Schlossplatz“ – das erinnert daran, dass bis zum Autobahnbau in den siebziger Jahren der gesamte Verkehr nach Norden über die Schlossstraße lief, die heute nur noch eine Sackgasse ist.

Eröffnet wurde der U-Bahnhof Tegel 1958, damals noch als Anbindung eines Wohnvororts. Erst nach dem Mauerbau wurde Tegel systematisch zu einem Geschäfts- und Einkaufszentrum entwickelt – einerseits. Andererseits entwickelte sich der Bahnhof nun auch zum wichtigen Verteiler für den Ausflugsverkehr in die West-Berliner Naherholungsgebiete Heiligensee, Lübars, Frohnau und zum Tegeler See. Überlegungen, wie dieser Verkehr menschen- und umweltfreundlicher gestaltet werden könne, kamen erst später auf.

Der Platz Alt-Tegel, wie er sich heute grundsätzlich darstellt, ist bei einem Umbau im Jahr 1976 entstanden. Damals wurde die Straße Alt-Tegel zwischen Treskow- und Berliner Straße für den Verkehr gesperrt, und es entstand Berlins erste, wenn auch sehr kleine Fußgängerzone. Der neu entstandene Platz erhielt ein Granit-Mosaik-Pflaster, es kam der als Blickfang gedachte Brunnen hinzu, außerdem wurden die noch heute vorhandenen nachgebildeten Schinkel-Leuchten, viele Beton-Blumenschalen und Bänke installiert. Zwei Jahre später wurden die Autos auch aus der Gorkistraße vor dem schon 1973 eröffneten Tegel-Center vertrieben, 1983 wurde auch der Rest der Straße Alt-Tegel westlich der Treskowstraße zur Fußgängerzone gemacht.

Zu Beginn des neuen Jahrtausends war die Neugestaltung der Fußgängerzone in der Gorkistraße fällig. aber auch für Alt-Tegel fiel dabei etwas ab, nämlich der neue Kiosk seitlich des mittleren U-Bahneingangs. Außerdem wurden Informationstafeln für Besucher und Touristen aufgebaut. Viele Bänke verschwanden dagegen im Lauf der Jahre, weil sich Anwohner immer wieder über Lärm und Vandalismus beschwert hatten – ein Problem, das vermutlich auch die neue Planung begleiten wird.

Heute spielen abgestellte Fahrräder eine große Rolle für den optischen Eindruck des Platzes, denn sie werden in großer Zahl an den Fußgängerschutzgittern zur Straße hin angeschlossen. Es gibt hier zwar viele Fahrradständer, doch sie befinden sich überwiegend auf der Ostseite der Berliner Straße, wo sie nicht in ähnlichem Maße benutzt werden. In Verbindung mit dem marktähnlichen Obst- und Gemüsestand vor dem C&A-Gebäude ergibt sich so vor allem in der warmen Jahreszeit ein diffuses, unübersichtliches Bild, das nicht unbedingt zum Verweilen einlädt.

Auch die Nutzung der wenigen angrenzenden Läden hat in den vergangenen Jahrzehnten häufig gewechselt, es dominiert aber weiter die Bankfiliale an der Ecke. Von einem eigenständigen Einkaufsziel kann keine Rede mehr sein, denn die nur einige hundert Meter entfernten Borsighallen haben längst viel Kaufkraft absorbiert – ein Effekt, der sich seit der Schließung des zentralen Karstadt-Kaufhauses noch verstärkt hat.

Für Rüdiger Zech, den Leiter des Tiefbauamtes, steht dennoch insgesamt außer Frage, dass es sich bei Alt-Tegel um einen weitgehend funktionsfähigen Platz handelt. Aber auch Zech sieht die Chance, die Aufenthaltsqualität durch gezielte Maßnahmen zu steigern, und erinnert daran, dass das urbane Gegenstück in der Gorkistraße sehr stark durch die Neugestaltung der Gastronomie vor der Markthalle gewonnen hat. Sitzbereiche mit einheitlichen Tischen und Stühlen haben die Attraktivität deutlich erhöht, und wo früher nur gelaufen wurde, ist nun geselliges Leben zu betrachten.

In diese Richtung, meint Zech, könne auch Alt-Tegel entwickelt werden, und er trifft sich da mit den Überlegungen der Landschaftsplaner. Deren Vorschlag, den dritten Bahnhofseingang zu schließen, hält er für grundsätzlich interessant, weist aber darauf hin, dass damit eventuell Sicherheitsaspekte der BVG tangiert sind. Alles in allem: Alt-Tegel ist kein ganz großer Problemfall. Gerade deshalb könnte hier mit relativ wenig Aufwand viel erreicht werden.

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