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Berlin: Pleite trifft 5000 Mieter

Der Finanzinvestor Level One hat Insolvenz angemeldet. Das Megabild auf den Hellersdorfer Plattenbauten wurde gestoppt.

Das kunterbunte Vorhaben brachte 2006 alle ins Schwärmen. „In Hellersdorf entsteht das größte Wandgemälde der Welt“, jubelte der Bezirk und machte damit internationale Schlagzeilen. Die österreichische Immobiliengruppe „Level One“, Investor des Plattenbauviertels um die Einkaufszone „Hellersdorfer Promenade“, wollte ihre sechs gerade erworbenen Wohnblocks mit Motiven aus europäischen Städten bemalen lassen. Doch jetzt sind die Sterne des künftigen „Europaviertels“ wegen der Finanzkrise erloschen: Level One hat Insolvenz angemeldet.

Seit 2005 hatte die Firma für mehr als 1,5 Milliarden Euro mit Unterstützung der Schweizer Bank „Credit Suisse“ bundesweit rund 28 000 Wohnungen erworben, davon 5000 in den großen Plattenbausiedlungen im Osten Berlins. Durch die Finanz- und Immobilienkrise haben solche Besitztümer aber wie berichtet inzwischen bis zu 50 Prozent ihres Wertes eingebüßt – weshalb auch „Level One“ in die Kreditklemme geriet.

Mit dem Hellersdorfer Projekt hatten sich große Hoffnungen des Bezirks und Quartiersmanagements verbunden. Die sechs Blocks mit rund 1200 Mietwohnungen und 70 Geschäften an der Hellersdorfer Promenade sollten für 22 Millionen Euro saniert und anschließend auf 67 000 Quadratmetern nach dem Vorbild der Wandgemälde in den Lyoner Vorstädten spektakulär bemalt werden – mit Fassadenansichten des viktorianischen London oder barocken Florenz. Bezirk und Level One wollten auf diese Weise das Wohnen in der Platte aufwerten und noch dazu „so viele Touristen anlocken wie in die Hackeschen Höfe strömen.“

Doch nur ein Wohnblock an der Stendaler Straße 32 wurde bisher saniert und bemalt. Danach ging dem Bauträger offenbar das Geld aus, so dass nun der vorläufige Insolvenzverwalter Rolf Rattunde begonnen hat, die Finanzsituation von Level One zu prüfen. Vom Ergebnis hängt ab, ob es noch eine Chance gibt, oder ob ein neuer Investor gesucht werden muss, der möglicherweise ganz andere Pläne hat.

Die Bewohner müssten sich keine Sorgen machen, sagt der zuständige Hausverwalter, René Bentzen. Verfügungsberechtigt über die Mietkonten ist nun der Insolvenzverwalter. Dieser entscheidet auch über Wünsche wie Reparaturen. Im Viertel, so scheint es, bleiben die meisten Menschen optimistisch. „Notfalls findet sich ein neuer Bauträger“, hofft Brigitte Bleibaum, die seit zwanzig Jahren an der Stendaler Straße wohnt. Auf einer Quartiersversammlung am vergangenen Dienstag wurden allerdings Bedenken laut. Im schlimmsten Falle würden die Blocks wie schon andere Plattenbauten abgerissen. „Dann müssen wir hier alle weg.“CS

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