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Berlin: Plötzlich geloben alle Besserung

Nach Enquete-Gutachten: CDU und FDP wollen Blockpartei-Vergangenheit aufarbeiten

Potsdam - Nachdem ein Enquete-Gutachten neben Rot-Rot auch den Oppositionsparteien Versäumnisse im Umgang mit der SED-Diktatur seit 1990 attestiert hatte, denken CDU, FDP und Grüne nun über Konsequenzen nach. So will die Union ihre Vergangenheit als SED-Blockpartei untersuchen lassen, was bisher auch bei der FDP unterblieben war. „Wir überlegen schon länger, wie wir 44 Jahre CDU vor 1989 im Land aufarbeiten können“, sagt Generalsekretär Dieter Dombrowski. Die CDU werde sich aber „nicht von unseren alten Mitgliedern distanzieren, die zu DDR-Zeiten ehrliche, gute Arbeit geleistet haben“. Die Union habe „kein Problem“ mit dem Gutachten, in dem ihr neben der Kritik eine abgeschlossene personelle Erneuerung in Fraktion und Führung attestiert wird. Den Vorwurf, man lege bei Stasi-Vorwürfen gegen Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe und den früheren Brandenburger CDU-Vorsitzenden Lothar de Maizière trotz ähnlich gelagerter Fälle ein unterschiedliches Maß an, weist Dombrowski zurück. „Der Unterschied ist, dass de Maizière zurücktrat, Stolpe aber nicht.“

Die Grünen, die nach langer Zurückhaltung erst vor dem Wiedereinzug in den Landtag 2009 die Aufarbeitung wiederentdeckten, wollen das gründlich auswerten. „Wir freuen uns, dass damit eine große Diskussion angestoßen wird“, sagt Landeschefin Annalena Baerbock. Gleichwohl dürfe man „nicht alle Parteien über einen Kamm scheren“. Zur Grünen-Vorgeschichte gehöre, dass es bei der Aufarbeitung eher „ein früheres Erwachen mit einer harten Konsequenz“ gab. Gemeint ist der Nichteinzug in den Landtag 1994 nach dem Rücktritt von Marianne Birthler als Bildungsministerin und der Kritik von Günter Nooke in der Stasi-Debatte um Stolpe.

Bei den Liberalen wird das Gutachten nächste Woche Thema im Präsidium, sagt Parteichef Gregor Beyer. „Wir sind interessiert, uns mit der eigenen Geschichte zu befassen.“ Dennoch müsse man bei der Bewertung der Nachwendepolitik auch damalige Umstände berücksichtigen. „Man muss versuchen, fair zu bleiben.“ So teile er die pauschale Kritik im Gutachten am damaligen FDP-Landeschef und Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein nicht.

Rot-Rot, nun nicht mehr allein in der Kritik, reagiert nicht gelassener. Generalsekretär Klaus Ness verwies auf Erklärungen von Platzeck im Jahr 2010, dass die Zurückhaltung im Umgang mit der SED-Diktatur ein Fehler war, auch der Verzicht auf einen Stasi-Beauftragten und eine Landtagsüberprüfung . Und für Linke-Landeschef Thomas Nord ist das Gutachten, das den Linken trotz früher Stasi-IMs in der Fraktion einen offenen Umgang mit der Vergangenheit vor 1989 bescheinigt, nach den hitzigen Auseinandersetzungen eine Genugtuung. „Wir haben uns intensiv auseinandergesetzt, andere nicht.“

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