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Poelchau-Schule in Charlottenburg: Asbestschule mit Elitestatus

Die Poelchau-Schule bildet Spitzensportler aus – in einem abrissreifen Haus. Die Suche nach einem Ausweichquartier ist langwierig und der Umzugstermin auf das Olympiagelände frühestens 2015 möglich.

Eliteschule des Sports? Eliteschule des Fußballs? Wenn Matthias Hartwig durch das Gebäude der Poelchau-Schule in Charlottenburg-Nord spaziert, empfindet er diese Titel nur noch als Hohn. „Das ist die Hartz-IV-Eliteschule von Deutschland“.

Der Vater eines Nachwuchskickers und Elternvertreter will nicht länger hinnehmen, dass die Schule „mit besonderer pädagogischer Prägung“ Spitzenathleten ausbildet – Ruderer, Moderne Fünfkämpfer und Profifußballer – aber in einem abrissreifen Gebäude residiert. In den Zwischendecken und Fenstersimsen lauert Asbest, Feuchtigkeit rinnt durchs Dach und die Wärmeisolierung ist auf dem Stand der 70er Jahre. Damals entstand der Gebäuderiegel am Halemweg, der außerdem das Oberstufenzentrum Anna Freud und eine Stadtteilbibliothek beherbergt. Ende 2010 schlug dort die Heizung leck und überflutete Teile des Hauses.

Die Havarien und latente Asbestgefahr hätte andere Schulgemeinschaften längst auf die Barrikaden getrieben, doch die Poelchau-Eltern hielten sich diplomatisch zurück. Sie wollten nicht die Zusage gefährden, dass ihre Schule mittelfristig auf das Olympiagelände umsiedeln darf, in direkte Nähe zu den Trainingsplätzen von Hertha BSC und den Fünfkämpfern. Im denkmalgeschützten „Haus des Deutschen Sports“, gebaut für die Olympischen Spiele 1936, ist schon ein Flügel für die Poelchauer reserviert. Zwölf Millionen Euro soll der Ausbau des neuen Schulstandortes kosten. Frühestmöglicher Einzugstermin wäre 2015.

Vier weitere Jahre am alten Standort auszuharren empfinden die Eltern jedoch als unzumutbar. Andere Asbestschulen wurden sofort gesperrt, nachdem die krebserregenden Fasern entdeckt worden waren. Die Asbestbelastung der Poelchau-Schule ist schon seit 1989 bekannt. Erst 2010 gab es ein neues Gutachten. Eine akute Gesundheitsbelastung wurde ausgeschlossen, allerdings glauben die Eltern, dass sie mit dem Gutachten vor allem beruhigt werden sollen. Tatsache ist, dass ein Raum an der Schule wegen Asbestgefahr gesperrt ist. Alle Jalousien an den Fenstern wurden fixiert, und immer, wenn sich mal wieder eine Deckenplatte löst, muss ein Spezialteam mit Atemmaske und Schutzanzug anrücken, um die Faserbelastung der Raumluft zu messen. Die Bildungsverwaltung sucht bislang vergeblich nach einem Ausweichquartier. Die Eltern wünschen sich für die Übergangszeit eine „Containerlösung“ auf dem Olympiagelände. Das würde knapp acht Millionen Euro kosten und die „Frage nach der Wirtschaftlichkeit“ aufwerfen, heißt es in einer Stellungnahme der Verwaltung. Die gesamte Umzugsplanung könnte politisch in Gefahr geraten.

Der linke Koalitionspartner verfolgt den Aufstieg der Poelchau-Schule, die mal einfache Gesamtschule mit schwierigem Klientel war, mit Argusaugen. Schließlich hat die Stadt ja schon zwei Sport-Eliteschulen, das Schul- und Leistungssportzentrum in Hohenschönhausen und die Flatow-Schule in Köpenick. Das Sportzentrum Hohenschönhausen soll bald eine neue Turnhalle bekommen, für 35 Millionen Euro, sagt Gabriele Hiller, sportpolitische Sprecherin der Linken. „Es wurde zugesichert, dass sie gebaut wird“. Sollte die Zusage zugunsten des Poelchau-Umzugs gekippt werden, würde sie sich dagegen aussprechen. Zudem sei die Poelchau-Schule vom Senat zur Eliteschule aufgewertet worden, ohne das Parlament einzubinden, moniert Hiller. „Da ist nicht ganz fair gehandelt worden“.

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) versicherte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus, dass der Senat zu seiner Zusage stehe, den Umzug der Schule auf das Gelände des Olympiaparks zu fördern. Der neue Standort gebe den Schülern eine „deutlich verbesserte Trainingssituation“. Die entsprechenden Investitionen seien für den Zeitraum 2011–15 angemeldet, der Baubeginn sei für 2013 geplant. Der CDU-Haushaltspolitiker Uwe Goetze warf dem Senat vor, die Planung verzögert zu haben.

Die Poelchau-Schule lädt für den 30. März, 19 Uhr, zu einer Podiumsdiskussion zur Zukunft des Schulstandortes ein, Halemweg 24, Charlottenburg.

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