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Wie bei Tempelhof: Pokerspiel um den Flughafen Tegel

Der Bund strebt beim Flughafen Tegel offenbar eine ähnliche Lösung wie bei Tempelhof an. Das könnte Berlin teuer zu stehen kommen, denn das Gelände gehört nur zu einem Drittel der Hauptstadt. Den Rest müsste sie wohl kaufen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Bundesregierung und der Senat pokern um den Flughafen Tegel. Das 461 Hektar große Gelände, das noch viel größer ist als das Tempelhofer Feld, gehört zu 66 Prozent dem Bund, das restliche Drittel dem Land Berlin. Wenn der Flughafen Tegel 2012 geschlossen wird, müssen der Bund und Berlin das riesige Areal entweder gemeinsam entwickeln – oder Berlin übernimmt die Immobilie.

Nach Einschätzung der Finanzverwaltung des Senats strebt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) „eine Lösung wie beim Flughafen Tempelhof an“. Damals hatte sich Berlin verzockt und am Ende freute sich Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Zum Hintergrund: Die Flächen in Tempelhof und Tegel gehörten zum sogenannten Reichsvermögen. Immobilien, die das Land Preußen und die Stadt Berlin dem Deutschen Reich nach 1873 für militärische Zwecke gratis überließen. Nach 1961 fiel das Reichsvermögen an alle westdeutschen und nach 1990 an alle ostdeutschen Länder zurück. Nur Berlin machte der frühere Besatzungsstatus einen Strich durch die Rechnung und es half nichts, vor dem Bundesverfassungsgericht auf die Herausgabe des Reichsvermögens zu klagen. Das Gericht wies die Klage des Senats 2008 ab. Deshalb bekam Berlin die bundeseigenen Grundstücke in Tempelhof nicht kostenlos zurück, sondern musste sie für 35 Millionen Euro kaufen und auf weitere Rechtsansprüche verzichten.

Jetzt sieht es so aus, als ob das Bundesfinanzministerium und die ihm nachgeordnete BImA beim Flughafen Tegel dasselbe Spiel versuchen. Denn der Streit um das Reichsvermögen ging im Juli 2010 beim Berliner Verwaltungsgericht in eine zweite Runde. Das Bundesverfassungsgericht hatte diesen Rechtsweg offengelassen. Und im Rahmen einer Musterklage bekam der Senat vor dem Verwaltungsgericht recht.

Allerdings kann sich der juristische Konflikt hinziehen. Die BImA legte Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein. Mit einer Entscheidung, so schrieb die Finanzverwaltung in einem Bericht an den parlamentarischen Hauptausschuss, sei frühestens im ersten Halbjahr 2011 zu rechnen. Danach wird der Rechtsstreit mit Sicherheit beim Bundesverwaltungsgericht landen. Die Frage, ob 302 Hektar bundeseigene Grundstücke am Flughafen Tegel dem Land Berlin zufallen, wird also voraussichtlich erst nach der Wahl im September 2011 entschieden.

Aus dem Fall Tempelhof, wo die Grundstücke letztlich teuer gekauft werden mussten, hat der Senat offenbar gelernt. Solange es in Sachen Tegel keine Rechtsklarheit gibt, wird es wohl keine Kaufverhandlungen mit dem Bund geben. Weil die BImA „einen Verzicht Berlins auf seine möglichen Ansprüche wünscht“, gebe es bisher „keine gemeinsame Basis für sinnvolle Gespräche“, so die Finanzverwaltung. Und so werden der Bund und Berlin vorerst gemeinsam für die Zukunft des Geländes nach der Schließung des Airports planen. Der Rechtsstreit um das Reichsvermögen dürfe „den notwendigen Entwicklungsprozess für Tegel nicht beeinträchtigen“, sicherte der BImA-Sprecher Guido Déus zu. Man werde eine „pragmatische Lösung“ finden, die den wirtschaftlichen und städtebaulichen Interessen beider Seiten gerecht werde.

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