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Berlin: Politik-Gastronom Schreiber

Dichte weiße Haare, auch über der Oberlippe, verschmitzte Augen, so sitzt mir der „Herr der Kantine“ in seinem Casino im Berliner Abgeordnetenhaus gegenüber. Was Hans-Jürgen Schreiber, der lange Jahre als verantwortlicher Gastronom im Palast der Republik tätig war, mit starkem Berliner Akzent aus seinem Leben erzählen kann, ist die eindrucksvolle Geschichte einer deutsch-deutschen Metamorphose.

Dichte weiße Haare, auch über der Oberlippe, verschmitzte Augen, so sitzt mir der „Herr der Kantine“ in seinem Casino im Berliner Abgeordnetenhaus gegenüber. Was Hans-Jürgen Schreiber, der lange Jahre als verantwortlicher Gastronom im Palast der Republik tätig war, mit starkem Berliner Akzent aus seinem Leben erzählen kann, ist die eindrucksvolle Geschichte einer deutsch-deutschen Metamorphose.

Geboren ist er in Görlitz. Sein Vater war ein Handelsmann, seine Mutter Verkäuferin. Nach dem Abitur in Dresden sollte der junge Mann, der so gerne Lehrer gelernt hätte, Rinderzüchter werden. Der Kompromiss war Kellner und Gastronom. Dazu gab es ein Studium an der Handelshochschule Leipzig. Seine erste Stelle und der Start zu seiner Palast-Karriere war Assistent des damaligen Gastronomiedirektors. Der konnte mit dem akademisch verbildeten jungen Mann nichts anfangen. Deswegen wurde er mit gerade 25 Jahren Leiter des Palastrestaurants mit 600 Plätzen und 120 Mitarbeitern. Dann kam der bedeutende Veranstaltungsbereich mit Parteitagen, Theater und Bällen mit bis zu 5000 Leuten.

Als „Sonderbedarfsträger“ bekam er, was er brauchte – notfalls auch mal Goldkugeln zum Dekorieren der Patisserie aus dem Westen. Dann wurde er oberster Bankettleiter – bis zum unerwarteten Schluss im Herbst 1990. Danach arbeitslos! Ein halbes Jahr Warteschleife, Reise nach Tschechien, Spaziergänge mit Hund. „Du kannst doch was“, war er überzeugt und schrieb Bewerbungen. Eine für die Trabrennbahn Mariendorf. Aber dann verkaufte er Weine und Mineralwasser. Ihm fehlten dabei „Menschen und Trubel“.

So heuerte er bei einer großen westdeutschen Catering-Firma an, wurde Versorgungsleiter im Haus am Köllnischen Park, der ehemaligen Parteihochschule. Jetzt war er wieder zurück in der Tagungsgastronomie! 1996 folgte der mutige Schritt in die Privatwirtschaft. Plötzlich war er mit seinem Partner selbstständig. Ein Catering-Unternehmer war geboren mit 50 bis 60 Mitarbeitern. Ein großer Auftrag mit Folgen war die erfolgreiche Ausrichtung des Richtfestes für die Friedrich-Ebert-Stiftung. Das war die Basis für seine zweite Firma, die KuK, die Hans-Jürgen Schreiber mittlerweile alleine gehört. Illustre Kunden sind oder waren das Bundeskanzleramt, der Städtetag – und eben das Abgeordnetenhaus.

Mit 26 treuen Mitarbeitern – viele ältere, erfahrene – und den vier Azubis macht er etwa 1,4 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Bei sensiblen Catering-Aufträgen, etwa in der US-Botschaft, fährt der Chef auch mal selbst das „schwere Gerät“, mit dem sie vor Ort kochen. Sein Leben als Unternehmer gefällt ihm. Gut will er sein – nicht unbedingt größer. Mit seiner neuen Partnerin lebt er zufrieden am Treptower Park.

Heik Afheldt war Herausgeber des Tagesspiegels.

Hans-Jürgen

Schreiber (54),

Der Diplomökonom ist

Geschäftsführender Gesellschafter

der KuK Kantinen und Konferenzservice

GmbH in Berlin.

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