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Berlin: Senat will mehr Einfluss auf die Jobcenter

Bezirke sind gegen eine zentrale Behörde Bis Januar muss die Umstrukturierung beendet sein

Mehr als zweieinhalb Jahre wurde auf Bundesebene darüber diskutiert, wie die Jobcenter zur Betreuung der Langzeitarbeitslosen ab Januar 2011 organisiert werden sollen. Arbeitsstaatssekretärin Kerstin Liebich (Linke) ärgert dieser lange Zeitraum, seit das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2007 die derzeitige Mischstruktur von Bundes- und kommunaler Behörde für verfassungswidrig erklärt hatte. „Vertrödelte Zeit“, sagt Liebich, die man besser hätte nutzen können, um die Arbeit in den Jobcentern zu verbessern. Nun werden aber in Berlin Bezirke und Senat über die Zuständigkeiten streiten. Denn die rot-rote Koalition will auf jeden Fall, dass es eine gesamtstädtische Steuerung der Arbeitsmarktpolitik gibt und der Senat mehr Einfluss auf die Jobcenter hat. Darüber wird auch heute im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Abgeordnetenhauses debattiert.

Für Liebich ist wichtig, dass das Land mehr Einfluss nehmen kann, um berlinweite Verbesserungen umzusetzen. „Das fängt schon bei so einfachen Dingen wie einheitlichen Öffnungszeiten an“, sagt die Staatssekretärin. In einer Stadt wie Berlin dürfe die Arbeitsmarktförderung nicht an Bezirksgrenzen enden. Das sei den Betroffenen nicht zu vermitteln. Immer wieder sei der Senat beispielsweise im Parlament für die Arbeit der Jobcenter gerügt worden. „Dabei hatten wir dort keine Verantwortung“, sagt Liebich. Auf jeden Fall will die Senatsverwaltung zudem ein spezielles Referat einrichten.

Noch unklar ist, ob es künftig wie bisher zwölf Jobcenter geben soll oder eine zentrale Behörde mit zwölf Geschäftsstellen – ein solches Jobcenter gibt es in Hamburg. „Wir sind dabei auszuloten, was geht“, sagt Burgunde Grosse, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD. Wenn der Einfluss des Landes nur in einem zentralen Jobcenter mit Außenstellen gewährleistet ist, werde man sich dafür entscheiden, auch wenn man lieber die kleinteiligere Struktur hätte. Aber es dürfe nicht so weitergehen wie bisher. Dass bei den Jobcentern einiges im Argen liegt, bekommen die Behörden regelmäßig vom Sozialgericht bescheinigt, das in seinen Entscheidungen immer wieder auf mangelhafte Bescheide und überforderte Sachbearbeiter verweist.

Die Sozialstadträtin von Tempelhof- Schöneberg, Sibyll Klotz (Grüne), hält ein zentrales Jobcenter nicht für sinnvoll. „Das würde ja eine Mammutbehörde“, sagt Klotz. In den Jobcentern arbeiten rund 6000 Beschäftigte. Laut Klotz hätte der Senat auch bisher schon mehr Verantwortung für die Jobcenter übernehmen können: „Aber die wollten sich nicht die Finger mit Hartz IV schmutzig machen.“ Auch ihre Pankower Kollegin, Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD), ist gegen eine zentrale Behörde. Die Regionaldirektion für Arbeit äußert sich derzeit nicht dazu, wie sie weiter vorgehen will. Denn noch ist das Gesetz nicht verabschiedet. Bekannt ist aber, dass das Verhältnis zwischen der Arbeitsagentur und dem Senat nicht das beste ist und die Zusammenarbeit nicht reibungslos verläuft.

Kein Thema für Rot-Rot ist das Modell der sogenannten Optionskommune, bei dem die Bezirke auch die arbeitsmarktpolitischen Aufgaben übernehmen. Dafür plädieren die Oppositionsfraktionen von CDU, Grünen und FDP. Im heutigen Ausschuss wird auch über einen Antrag der Freidemokraten beraten, die sich von der Übertragung auf die Kommune bedeutend bessere Quoten bei der Arbeitsvermittlung erhoffen. „Keine andere Kommune in Deutschland hat erfolgreiche, passgenaue und innovative Wege in der Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen so nötig wie Berlin“, heißt es darin. Arbeitssenatorin Carola Bluhm (Linke) befürchtet hingegen, dass sich bei diesem Modell der Bund langfristig aus der Verantwortung für die Arbeitsmarktpolitik ziehen könnte. „Da müssen wir auch unsere Haushaltslage im Blick haben“, sagt Staatssekretärin Liebich.

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