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Berlin: Polizei beendete Geiseldrama in der Botschaft

Vier Verletzte bei der Besetzung der irakischen Vertretung in Zehlendorf / Fünf Täter festgenommen

Die Polizei hat gestern Abend gewaltsam eine über fünfstündige Geiselnahme in der irakischen Botschaft beendet. Gegen 19.40 Uhr stürmte das Spezialeinsatzkommando die Villa in Zehlendorf und befreite die beiden gefesselten Geiseln. Der Geschäftsträger der Botschaft, Shamil Mohammed, und sein Vertreter erlitten einen Schock. Die fünf bewaffneten Iraker wurden festgenommen; ihre Identität ist ungeklärt. Sie hatten um 14.26 Uhr die erst vor Wochen eröffnete Botschaft überfallen und besetzt. Die anderen Botschaftsangehörigen waren direkt nach dem Überfall frei gelassen worden, dabei war ein Mann durch Tränengas leicht verletzt worden, eine Frau erlitt einen Schock. Die bislang unbekannte Gruppe „Demokratische Irakische Opposition Deutschland“ bekannte sich zu der Tat.

Das Personal der Botschaft war mit einer scharfen Pistole, zwei Gaswaffen, einem Beil und einem Elektroschocker bedroht worden. Die Nachbarin der Villa, die die Polizei benachrichtigt hatte, sprach von „drei bis fünf Schüssen“, andere Zeugen wollten sogar zehn Schüsse gehört haben. Die Polizei hatte mit einem Großaufgebot das Eckhaus an der Kreuzung Riemeisterstraße/Schützallee abgeriegelt. Forderungen waren nicht gestellt worden, nach Angaben der Polizei beobachteten Sympathisanten der Besetzer die Aktion aus der Nähe.

Die Polizei hatte den Tätern am Nachmittag ein Ultimatum gestellt, bis 19 Uhr den Kontakt mit Medien oder Polizei zu suchen. Da das nicht geschah, stürmte die Spezialeinheit der Polizei die Villa um 19.40 Uhr unter Einsatz von Blendgranaten. Ein Täter hielt die scharfe Pistole solange in der Hand, bis ein SEK-Beamter sie ihm aus der Hand trat. Zuvor hatte die irakische Regierung ihr Einverständnis für die gewaltsame Beendigung der Besetzung übermittelt. Am späten Nachmittag hatten die Oppositionellen ein Schreiben an Nachrichtenagenturen verschickt (siehe Kasten). Nach eigenen Angaben sollte die Besetzergruppe 20 Mann stark sein – was nicht stimmte.

Das Spezialeinsatzkommando hatte schon kurz nach dem Sturm neben der 15-Zimmer-Villa Stellung bezogen. „Die liegen bei mir im Blumenbeet“, sagte eine Nachbarin des Botschaftsgrundstücks. Dem Tagesspiegel sagte sie, dass sie nach den Schüssen beobachtet habe, wie die Frau des Botschafters aus einem Nebeneingang in den Garten kam und versuchte, über den Haupteingang das Gebäude zu betreten. Sie habe „erbärmlich geschrien und Steine gegen die Tür geworfen“ – vermutlich aus Angst um ihren Mann. Eine Gruppe von sechs weiteren Erwachsenen und einem Kind sei ebenfalls nach den Schüssen freigelassen worden und habe ruhig das Grundstück verlassen.

Gerüchte vom Nachmittag, dass es durch Schusswaffen Schwerverletzte gab, hatten sich glücklicherweise nicht bestätigt. Am Nachmittag hatte selbst die Feuerwehr von zwei Schwerverletzten gesprochen. Am Abend hieß es bei der Polizei, dass die scharfe tschechische 8-Millimeter-Pistole bei der Besetzung der Botschaft mindestens zweimal abgefeuert worden war.

Nach Informationen des Tagesspiegels ist die neue Botschaft nur in die – niedrigste – Objektschutzklasse 6 eingruppiert worden. Das bedeutet, dass sie nur unregelmäßig von einer Polizeistreife angefahren wird; eine Dauerbewachung gibt es nicht. Auch eine Anwohnerin sagte, dass sie nie Polizei vor der Villa gesehen habe.

Die Polizei hatte das Gebäude mit 300 Beamten umstellt und abgeriegelt. Journalisten und Schaulustige waren dringend ermahnt worden, den Einsatz durch unüberlegte Handlungen oder Neugier nicht zu gefährden. Gegen 17 Uhr war das abgeriegelte Gebiet noch einmal deutlich vergrößert worden. „Hier beginnt der absolute Gefährdungsbereich“, hieß es an der Polizeikette an der Hertastraße. Anwohner wurden aus den Häusern geholt, sie konnten in Mannschaftswagen den weiteren Verlauf abwarten. Ohrenzeugen wurde vom Staatsschutz vernommen. Kurz vor 18 Uhr fuhr trotz der von den Täten angekündigten „Friedlichkeit“ ein mit Maschinengewehr bewaffneter Räumpanzer in der Riemeisterstraße vor, zudem Notarztwagen und andere Spezialfahrzeuge. Gegen 19.45 Uhr dann Aufatmen in Zehlendorf: Das SEK rückte als erste Einheit ab.

Am 29. Mai des vergangenen Jahres hatten irakische Oppositionelle schon einmal eine Institution in Berlin besetzt. Die Deutsch-Arabische Gesellschaft in der Calvinstraße in Tiergarten war von acht Männern gestürmt worden. Sie hielten bis zur Räumung durch die Polizei zwei Mitarbeiterinnen der Gesellschaft in den Räumen fest – damals traten die Besetzer jedoch nicht unter einem Gruppenn auf. kf/weso/Ha/babs

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