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Action-Weeks: CDU-Politiker im Visier der Autonomen

UPDATE Erneut wurden Fahrzeuge aus vermutlich politischen Motiven angezündet. Einer der Anschläge in der Nacht zu Donnerstag ereignete sich vor dem Haus des Berliner CDU-Politikers Robbin Juhnke. Die Tatverdächtigen wurden inzwischen wieder freigelassen.

In der Nacht zu Donnerstag verübten Unbekannte einen Brandanschlag vor der Privatwohnung eines CDU-Politikers. Gegen ein Uhr entdeckte ein Taxifahrer in der Neuköllner Straße, Alt- Buckow, in der Nähe der Wohnung des Innenpolitischen Sprechers der Berliner CDU, Robbin Juhnke, einen VW Caddy und einen BMW, die in Flammen standen. Auf einer zu den „Action Weeks“ eingerichteten Internetseite bekennen sich anonyme Täter zu dem Anschlag. Sie bezeichnen Juhnke als „Rechts-Außen-Hardliner der Berliner CDU“ und werfen ihm „Hetze gegen Linke und Migranten“ vor. Juhnke bezeichnete die Brandanschläge als „menschenverachtend“ und sagte: „Das spricht Bände über das Verständnis dieser Menschen von Meinungsfreiheit und einer demokratischen Gesellschaft.“ Nach dem 1. Mai hatte es Attacken auf Parteigebäude gegeben. Brandanschläge im Umfeld von Politikerwohnungen sind allerdings neu.

Auch in Friedrichshain wurden in der Nacht zu Donnerstag erneut Autos angezündet. In der Pettenkoferstraße brannte gegen 22.15 Uhr ein VW Passat, Polizisten löschten das Feuer. Die Beamten suchten die Umgebung ab und wurden auf vier Männer zwischen 22 bis 24 Jahren aufmerksam. Sie nahmen sie als Tatverdächtige fest, die inzwischen wieder frei gelassen wurden. Gegen 23 Uhr brannte ebenfalls in Friedrichshain in der Bänschstraße ein VW Touran. In allen Fällen ermittelt der Staatsschutz. Zudem versuchten Autonome am Mittwoch gegen 21 Uhr ein leer stehendes Haus in der Voigtstraße in Friedrichshain zu besetzen. Einzelne Personen versuchten, ein Transparent anzubringen; die Polizei verhinderte, dass weitere Personen in das Haus eindringen konnten. Vor dem Gebäude hatten sich etwa 150 Sympathisanten versammelt, die eine Spontanversammlung anmeldeten. Die Kundgebung dauerte bis 22.30 Uhr an. Danach sprach die Polizei mehrere Platzverweise aus. In diesem Zusammenhang seien auch vereinzelt Flaschen auf Einsatzkräfte geworfen worden, teilte die Polizei mit. Eine Person wurde vorübergehend in Gewahrsam genommen und kam später wieder frei. Als die Polizei das Haus gegen ein Uhr durchsuchte, war es leer.

Auch in der Brunnenstraße 183 hatten sich in der Nacht und am frühen Donnerstagmorgen mehrere Personen versammelt, um eine angebliche Räumung des dortigen Haus-Projekts zu verhindern. Die Polizei hatte zuvor angekündigt, dass an diesem Tag keinesfalls geräumt werde. Beamte beobachteten die Ansammlung vor dem Haus und teilten vor Ort noch einmal mit, dass an diesem und den nächsten Tagen nicht geräumt werde. Laut Polizei blieb es dabei ruhig.

Lieferfahrzeuge brannten

Erst in der Nacht zu Mittwoch zündeten Unbekannte in Friedrichsfelde Fahrzeuge einer Lieferfirma an. Damit steigt die Zahl der angezündeten Fahrzeuge in den ersten zwei Juniwochen auf 31. Im Zusammenhang mit den „Action-Weeks“ hat die Polizei seit 6. Juni 67 Straftaten registriert. Polizeipräsident Dieter Glietsch wies Vorwürfe zurück, dass nicht entschieden gegen Straftäter vorgegangen werde. Die Polizei tue mit sehr hohem Personalaufwand alles, „was sinnvoll ist, um die linksextremistische Gewaltkriminalität zu bekämpfen“, sagte Glietsch. Dabei würden auch bekannte Treffpunkte und Veranstaltungsorte überwacht. Die Festnahmen der vergangenen Woche zeigten, dass die Polizei erfolgreich sei.

Bei den Anschlägen der letzten Tage waren Firmen betroffen, die nach der Logik linksautonomer Gruppen legitime Ziele darstellen. Aktuell traf es Lieferwagen der Firma „Bärenmenü“, die Essen für Schulen, Kindergärten und Senioren herstellt. Nach Darstellung autonomer Gruppen soll die Firma zu einem Konzern gehören, der Dienstleistungen für Asylbewerber anbietet. Auf dem Gelände der Filiale in Lichtenberg – zwischen Grünflächen, Kindergärten und sanierten Plattenbauten – wurden in der Nacht zu Mittwoch zehn Lieferwagen in Brand gesetzt. Vier davon gehörten Bärenmenü, sechs dem Subunternehmen „Menütaxi“, das die von Bärenmenü hergestellten Essen ausliefert.

Schadenshöhe liegt bei 300.000 Euro

Neben den zerstörten Fahrzeugen im Firmenhof standen am Mittwochmittag bereits Mietwagen, die ab Donnerstag zur Essensauslieferung eingesetzt werden. Auch am Mittwoch erhielten alle Kinder und Senioren dank zügiger Hilfe durch eine Transportfirma pünktlich ihre Mahlzeiten. Dass vor allem alte Menschen und Kinder betroffen sind, ärgert die Mitarbeiter und den Geschäftsführer Lienhard Eifert. „Sie sind wütend und verstört“, sagt er. Für viele Senioren sei die Essenslieferung der einzige Kontakt am Tag. „Warum ein Unternehmen wie unseres angegriffen wird, ist unverständlich“, sagt Eifert. Er rechnet mit etwa 300 000 Euro Schaden – ob dafür Versicherungen aufkommen, wird noch geklärt.

In den vergangenen Tagen waren immer wieder Anschläge verübt worden, die mit den „Action Weeks“ zusammenhängen. Bei denen wollen Autonome bis zum Wochenende die „kapitalistische Aufwertung der Stadt“ bekämpfen. Zum Programm gehört eine Besetzung des ungenutzten Tempelhofer Flughafengeländes. Daran wollen sich laut Initiatoren Tausende Aktivisten beteiligen. Damit im Zusammenhang steht eventuell auch ein Vorfall gestern Abend: Etwa 50 Personen sollen laut Polizei ein leerstehendes Haus in der Dolziger Straße / Ecke Vogtstraße in Friedrichshain besetzt haben.

Streit um die Grünen und die Linkspartei

In der Landespolitik ist ein Streit über das Verhältnis von Grünen und der Linkspartei zu Szene-Aktivisten entbrannt. Die CDU kritisierte deren angebliche „ideologische Nähe“ zu autonomen Gruppierungen. Dem Senat und Innensenator Ehrhart Körting (SPD) warf man vor, zu wenig gegen linksautonome Gewalt zu tun.

Körtings Sprecherin Nicola Rothermel wies dies zurück. Doch sei es angesichts der sehr leicht und schnell zu begehenden Brandanschläge „besonders schwierig, Täter festzunehmen“. Die Behörden gehen davon aus, dass die Anschläge vor allem von Einzeltätern begangen werden. In jedem Fall würden sie eher spontan erfolgen, weshalb es für die Behörden schwierig sei, die Anschläge zu vereiteln.

Grüne und linke Politiker wiesen den Vorwurf zurück, die Anschläge nicht genug zu verurteilen. „Blanker Unsinn“, sagte Linken-Abgeordneter Udo Wolf. „Nichts schadet einer linken Regierung mehr als Straftaten mit linker Verbrämung.“ Linken-Abgeordnete wie Evrim Baba lehnen aber ab, sich von autonomen Aktionen während der „Action Week“ zu distanzieren. Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig unterstützt die Besetzung, sagt aber, dass eine Abgrenzung von militanten Autonomen schwierig ist: „Die Grenzen sind fließend.“ Das Verständnis der Grünen für die Tempelhof-Aktion ärgert Glietsch: „Wir hätten uns gewünscht, dass alle im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien die klare Position des Senats einnehmen.“ Rechtswidriges Verhalten dürfe nicht als „ziviler Ungehorsam“ bagatellisiert werden.

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