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Angeklagter Krimineller: Drogenhändler, Messerstecher - und V-Mann der Polizei?

Am Mittwoch beginnt ein Prozess gegen einen Kriminellen wegen einer lebensgefährlichen Messerattacke im September 2006. Brisant: Der Angeklagte soll V-Mann der Berliner Polizei sein.

Eine Bestätigung, dass der 37-jährige Mohamed A. beim Landeskriminalamt als V-Mann geführt werde, gab es nicht. Der etwa 50 Personen umfassende Clan A. steht seit Jahren im Fokus der Ermittler. Im Oktober 2001 hatte die Polizei bundesweit bei der Familie A. eine Großrazzia gestartet – die erste überhaupt, die sich gezielt gegen eine Familie richtete. Dabei waren 27 Mitglieder der aus dem Nahen Osten stammenden Familie überprüft und zwei verhaftet worden, darunter Faysal A. Bei ihnen waren zahlreiche Waffen, darunter eine Pumpgun, zwei Pistolen, ein Schießkugelschreiber und 1000 Schuss scharfe Munition gefunden worden. Kurz nach der Razzia war beim Tagesspiegel ein anonymes Schreiben eingegangen, dass die Polizei mit Faysal A. den Falschen verhaftet habe. „Kopf“ des kriminellen Clans sei Mohamed. Und dieser – so hieß es in dem Schreiben – sei „V-Mann der Berliner Polizei“. Auch nach Angaben des Magazins „Focus“ soll A. seit Jahren und auch zum Zeitpunkt der Messerattacke V-Mann gewesen sein. Mohamed A. soll 2006 nur deshalb mit einer dreimonatigen Bewährungsstrafe davongekommen sein, weil er V-Mann sei, behauptet Focus. In dem Prozess wurde ihm vorgeworfen, er habe 1999 in Schöneberg ein Kilo Kokain kaufen wollen.

In Haft kam A. erst viel später. Nachdem A. im September 2006 in einer Rotlichtbar in Charlottenburg mehrere Kontrahenten angegriffen hatte, war er im Januar 2007 bei einer zweiten Razzia festgenommen worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll Mohamed A. einen Mann durch einen Messerstich in die Brust lebensgefährlich verletzt haben. Seit Januar sitzt der mittlerweile 37-Jährige in der JVA Moabit in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen führte die LKA-Abteilung für organisierte Kriminalität.

Die Innenverwaltung wollte sich zu der Problematik der V-Leute bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit nicht äußern. Da es sich bei deren Einsatz um „dienstinterne Abläufe“ handle, sei dafür nur die Polizei selber zuständig, sagte Nicola Rothermel, Sprecherin der Innenverwaltung. Auch die Berliner Polizei lehnte gestern eine Stellungnahme ab.

Die Polizei sei bei ihrer Arbeit auch auf Informationen aus dem Milieu angewiesen, sagte Rüdiger Holecek, Sprecher der Polizeigewerkschaft GdP. Die Vorgehensweise sei immer vom Einzelfall abhängig, man müsse aber beim Einsatz von V-Leuten immer sehr vorsichtig vorgehen. Auf gar keinen Fall dürfe es zu ihrem Einsatz gehören, Straftaten zu begehen, sagt Peter Trapp, Sicherheitsexperte der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Auch dürften sie nicht als „agent provocateur“ dazu ermutigen. Wenn sie dennoch Straftaten begingen, müssten diese staatsanwaltschaftlich verfolgt werden. Wie viele V-Leute im Auftrag der Polizei arbeiten, ist unklar. In den Jahren 2000 und 2004 war bei zwei Prozessen herausgekommen, dass Drogendealer gleichzeitig für die Polizei arbeiteten. Äußerst kritisch steht der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Grüne, Volker Ratzmann, den V-Leuten gegenüber. Ihr Einsatz widerspreche einer nötigen Klarheit des staatlichen Handelns. Zudem seien sie oft bei ihren Informationen sehr unzuverlässig.

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