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Geiselnahme in einer Bank in Berlin-Zehlendorf. Ein Polizist telefoniert vor zwei Einsatzwagen.

© dpa

Update

Banküberfall: Geiselnahme in Berlin beendet, Täter soll dem Haftrichter vorgeführt werden

Die Geiselnahme in Berlin-Zehlendorf ist unblutig zu Ende gegangen: Gegen halb zwei Uhr am Sonnabendmorgen gelang es der Polizei, die Geiselnahme zu beenden. Der Täter wurde festgenommen und wird voraussichtlich noch heute dem Haftrichter vorgeführt.

Die Geiselnahme in einer Berliner Bank ist am frühen Sonnabendmorgen unblutig zu Ende gegangen. Der Täter wurde festgenommen. Der Mann habe aufgegeben, die Geisel freigelassen und sei von sich aus der Bank gekommen, teilte ein Polizeisprecher mit. Demnach hatte der Mann zuvor in Gesprächen bereits angekündigt, aufgeben zu wollen.

Nach stundenlangen Verhandlungen kam gegen 01.20 Uhr am Samstagmorgen schließlich Bewegung in die Szenerie, als mehrere Polizeiwagen mit Blaulicht in das abgesperrte Areal fuhren. Kurz darauf wurde das Ende der Geiselnahme verkündet.

Sowohl das Opfer als auch der Geiselnehmer seien „körperlich unversehrt“, sagte der Sprecher und ergänzte mit Blick auf die Geisel: „Aber natürlich ist das eine psychisch belastende Situation.“ Nach Angaben des Sprechers verlief das Ende der Geiselnahme wie zuvor abgesprochen: Zunächst habe die Geisel die Filiale verlassen, danach der Täter. Die Kriminaltechnik prüfe nun, ob der Täter tatsächlich Sprengstoff bei sich gehabt habe.

Der Täter werde voraussichtlich noch diesen Samstag dem Haftrichter vorgeführt werden, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft dem Tagesspiegel. Weitere Informationen wollen die Behörden im Laufe des Tages bekanntgeben. Eine Pressekonferenz ist am Samstagnachmittag angesetzt.

Damit hat der Ausnahmezustand in Zehlendorf ein den Umständen entsprechend glückliches Ende gefunden. Nachdem am Nachmittag ein Mann eine Filiale der Deutschen Bank überfallen und eine Geisel genommen hat, hatte sich die Polizei am Abend noch auf eine lange Nacht eingestellt. „Der Täter hat sich möglicherweise auf längere Zeit eingestellt“, sagte ein Polizeisprecher. Gleiches gelte für die rund 300 Beamten, die bei Minusgraden rund um das Gebäude im Einsatz waren. Gegen 1 Uhr 30 aber kam die erlösende Nachricht: Die Geisel ist unverletzt freigekommen.

Am Abend wurde bekannt, dass die Polizei die Wohnungen in unmittelbarer Nachbarschaft der Bank hat räumen lassen. Die Bewohner mussten bei Freunden oder Verwandten unterkommen. Damit sollte wohl die mögliche Bedrohung durch den Bankräuber eingeschränkt werden, der mit dem Einsatz einer Bombe gedroht haben soll.

Zuvor hatte die Polizei am Abend den Sicherheitsradius um die Bank immer weiter ausgeweitet. Journalisten wurden mehr als 500 Meter von der Bank an der Ecke Potsdamer Straße / Teltower Damm zurückgedrängt. Der Verkehr war bereits kurz nach Beginn der Geiselnahme gegen 16 Uhr zum Erliegen gekommen, nachdem die Polizei die Kreuzung komplett gesperrt hatte. Am frühen Abend wurden dann zunehmend auch Restaurants und Geschäfte neben der Bank geräumt und mussten schließen oder konnten zumindest keine Kunden mehr bedienen.

Das öffentliche Leben im nördlichen Teil von Zehlendorf-Mitte ist zum Erliegen gekommen, Autofahrer standen wegen der weiträumigen Absperrungen lange im Stau, Busse mussten umgeleitet werden. „Wir brauchen ein freies Feld“, begründete ein Polizeisprecher die Maßnahme, „der Täter soll nicht nervös gemacht werden“. Die Polizei vermutete, dass der Mann in der Bank die aktuellen Nachrichten zu dem von ihm provozierten Einsatz verfolgt.

Speziell geschulte Beamte hielten zu dem Täter Gesprächskontakt per Telefon. „Für uns ist so eine Situation eine ganz ernste Sachlage. Das ist gefährlich, was hier passiert“, sagte ein Polizeisprecher am Einsatzort. Die Polizei schätzte den Täter als „irrational“ ein, dennoch gelang ein unblutiges Ende der Geiselnahme.

Die Einschätzung wird unter anderem damit begründet, wie sich die Geiselnahme nach jetzigem Informationsstand abspielte. Nach Angaben von Polizeisprecher Thomas Neuendorf betrat der Täter kurz vor 16 Uhr und damit kurz vor Geschäftsschluss der Bank die Filiale, in der Hand eine Tasche. Zu dem Zeitpunkt hielten sich nur noch wenige Angestellte im Foyer auf, die meisten Mitarbeiter waren in den oberen Räumen des mehrgeschossigen Gebäudes. Der Täter soll sofort einen Angestellten bedroht und kurz danach als Geisel genommen haben. Möglicherweise war ein Bankraub geplant, der dann scheiterte. Bis auf den einen Angestellten konnten alle anderen Mitarbeiter - laut Polizei rund 20 - über einen Seiteneingang ins Freie flüchten.

Die Polizei war kurz vor 16 Uhr von Angestellten der Bank an der Ecke Potsdamer Straße / Teltower Damm alarmiert worden. Bei der Geisel soll es sich um einen 40-jährigen Mann aus Brandenburg handeln. Spezialisierte Mitarbeiter der Polizei betreuten seine Frau, so lange die Geiselnahme andauerte.

Die Bank liegt in der Potsdamer Straße 54 in Zehlendorf.
Die Bank liegt in der Potsdamer Straße 54 in Zehlendorf.

© / Google Maps

Der Täter forderte Geld und freien Abzug. Die Höhe der Summe, die der Mann fordert, wollte ein Polizeisprecher aus polizeitaktischen Gründen nicht nennen. Für eine Meldung der „Bild“-Zeitung, der Bankräuber sei ein Mann von Ende 20 und fordere eine Million Euro, gab es keine offizielle Bestätigung. Nach Medienberichten und Informationen der Nachrichtenagentur AFP drohte der Täter damit, die Bankfiliale mit einer Bombe in die Luft zu sprengen. Die Polizei wollte, ebenfalls aus taktischen Gründen, keine Angaben zur möglichen Bewaffnung und zu Drohungen des Täters machen. „Wir verhandeln mit dem Täter und es geht um ein Leben“, sagte ein Polizist.

Die Potsdamer Straße und der Teltower Damm - zwei Hauptverkehrsachsen im Berliner Südwesten - waren im Bereich des Einsatzortes komplett gesperrt. Rund 300 Polizisten waren offiziellen Angaben zufolge im Einsatz, darunter zahlreiche Beamte von Spezialeinsatzkommandos.

Präzisionsschützen sind vor der Dorfkirche Alt-Zehlendorf positioniert

Die Kreuzung Teltower Damm Ecke Berliner / Potsdamer Straße war wegen der Vollsperrung gespenstisch dunkel und ruhig - normalerweise rauscht hier der Verkehr auf sechs Spuren. Die Bank liegt direkt gegenüber der Dorfkirche und des Friedhofs Alt-Zehlendorf. Scharfschützen der Polizei hatten sich direkt vor der Dorfkirche positioniert. Viele der Beamten versuchten, sich angesichts der Minusgrade die Kälte vom Leib zu halten, indem sie von einem Bein aufs andere traten.

Vergleichbare Geiselnahmen hat es in den vergangenen Jahren in Berlin nur selten gegeben. Der wohl am stärksten aufsehenerregende Fall war der Banküberfall der sogenannten Tunnelgangster-Bande vor 17 Jahren. Sechs Männer hatten am 27. Juni 1995 eine Bankfiliale in Zehlendorf überfallen. Vier Täter waren schwer bewaffnet in die Bank gestürmt, hatten Schüsse abgegeben und insgesamt 16 Geiseln genommen. Neben einem Lösegeld von 17 Millionen Mark (knapp neun Millionen Euro) verlangten sie einen Hubschrauber, Fluchtfahrzeuge und drohten mit Exekution ihrer Geiseln. Diese harrten bis zum Eingreifen der Polizei um 4 Uhr des nächsten Morgens in Todesangst aus. Währenddessen waren die Täter mit mindestens 16,3 Millionen Mark (gut acht Millionen Euro) unbemerkt über einen zuvor gegrabenen Tunnel verschwunden. Der letzte der Täter wurde erst vor vier Jahren zu einer Jugendstrafe verurteilt, kam aber frei, weil er bereits im Libanon und in Schweden in Haft gesessen hatte.

Vor knapp zehn Jahren gab es in Schöneberg eine spektakuläre Geiselnahme in einem BVG-Bus. Der notorische Bankräuber Dieter Wurm hatte am 11. April 2003 mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter - beide waren maskiert und mit scharfen Pistolen bewaffnet - in Steglitz eine Filiale der Commerzbank ausgeraubt. Nach dem Überfall war der mehrfach vorbestrafte Gewaltstraftäter in einen BVG-Bus der Linie 184 geflüchtet und hatte dort mehrere Geiseln genommen. SEK-Beamten gelang es nach rund vier Stunden, den Bus nach 30 Kilometern Fahrt durch das Stadtgebiet zu stoppen und Wurm mit Hilfe zweier gezielter Schüsse in die Schulter zu überwältigen.

Vor ebenfalls knapp zehn Jahren, im Januar 2003, beendete die Brandenburger Polizei eine Geiselnahme in einer Wandlitzer Sparkasse unblutig. Ein maskierter Mann hatte mit einer Pistole in der Hand die kleine Sparkasse an der Bundesstraße 109 Berlin-Prenzlau überfallen. Als ein Alarm ausgelöst wurde und die Polizei sich näherte, nahm er eine Angestellte als Geisel. Als der Täter samt Geisel zu Fuß flüchten wollte, nahmen zwei Beamte die Verfolgung auf. Ein Polizist mit Kampfsport-Erfahrung konnte sich auf den Täter werfen und ihn entwaffnen. (mit dpa, AFP)

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