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Ein Jugendlicher hat auf dem Güterbahnhof an der Greifswalder Straße einen Stromschlag erlitten.

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Update

Berlin-Prenzlauer Berg: Kriminalpolizei rekonstruiert tödlichen Unfall auf Güterbahnhof

Ein 15-Jähriger ist am zweiten Weihnachtstag auf einen Kesselwagen geklettert und an einem Stromschlag gestorben. Der Unfall war nicht der erste. Die Polizei geht vielen Spuren nach.

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Einen Tag, nachdem am Güterbahnhof Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg ein 15-Jähriger tödlich verunglückte, trauern seine Verwandten, Freunde und Mitschüler um ihn. Sie legten auch am Freitagabend auf dem nahen S-Bahnhof Blumen, Stofftiere und Plüschherzen ab, 20 Grabkerzen flackerten dort rötlich.

Derweil versucht die Polizei, den Hergang des Unglücks zu rekonstruieren. Der Jugendliche war auf einen abgestellten Kesselwagen gestiegen, hatte einen Stromschlag erlitten und war vom Wagen gestürzt. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei war der 15-Jährige am Donnerstagabend mit drei weiteren Jugendlichen am Unfallort gewesen. Sie sind zwischen 15 und 19 Jahre alt und wollten wahrscheinlich ebenfalls auf den Kesselwagen klettern. Der Verunglückte stieg als Erster auf den Wagen – und erlitt kurz darauf den tödlichen Stromschlag aus der Oberleitung. Sofort wichen die übrigen Jungen zurück. Sprachlos. Geschockt. Sie waren es auch nicht, die die Feuerwehr anriefen – es waren Zeugen in der Nähe.

Was hatten die Jugendlichen auf dem Güterbahnhof zu suchen?

„Ein Kesselwagen brennt.“ So undramatisch lautete der Notruf zunächst, den die Feuerwehr am zweiten Weihnachtstag bekam. Als die Polizeibeamten am Güterbahnhof ankamen, rannten die drei Jugendlichen zunächst davon, doch die Beamten konnten sie einholen. Die Reaktion des Trios ist für die Kriminalpolizei kein Indiz für ein Fremdverschulden – das die Ermittler ausschließen. Doch offene Fragen bleiben: Was hatten die Jugendlichen auf dem Güterbahnhof zu suchen? Handelte es sich um eine Mutprobe? Wollten sie eine Abkürzung über die Gleise nehmen? Oder hatte die Gruppe andere Pläne? In der Nähe befindet sich eine Abstellanlage für S-Bahnzüge, die immer wieder beschmiert werden. Nicht ausgeschlossen wird, dass sich Täter vorher einen Überblick verschaffen wollten, von oben.

Einer der Jugendlichen, die bei dem Unfall am Donnerstagabend dabei gewesen sind, sagte der Polizei bei einer Befragung lediglich, dass er plötzlich einen Knall gehört und einen Lichtblitz gesehen habe. Danach sei der Verunglückte vom Waggon gestürzt. Parallel zu den Zeugenvernehmungen soll eine Obduktion genauer klären, wie der 15-Jährige ums Leben gekommen ist. Auf dem Güterbahnhof hatte es in diesem Jahr bereits einen ähnlicher Unfall gegeben: Am 17. Mai war ein Neunjähriger auf einen Wagen geklettert und durch einen Stromschlag schwer verletzt worden. Und Ende November war ein 13-Jähriger in der Klinik verstorben, nachdem er auf dem Bahnhof Rathenow auf einem Kesselwagen einen Stromschlag und schwere Verbrennungen erlitten hatte.

Durch die Oberleitung fließt der Strom mit einer Spannung von 15 000 Volt

Vor der leichtsinnigen Idee, auf Bahnwaggons zu steigen, warnt die Deutsche Bahn regelmäßig. Durch die Oberleitung der Fernbahn fließt der Strom mit einer Spannung von 15 000 Volt. Zum Stromschlag könne es kommen, auch ohne dass man die Leitung berühre. Allein, wenn man sich ihr nähere, könne ab einer Entfernung von eineinhalb Meter ein Lichtbogen entstehen, durch den der Strom zum Körper übertragen werde. Die Gleisanlagen so abzusichern, dass Jugendliche sie nicht betreten können, sei zudem unmöglich. An der Greifswalder Straße komme außerdem hinzu, dass die Gleise nicht von der Deutschen Bahn, sondern von einem Zementwerk genutzt werden. Und dass neben den Gleisen ein Zementwerk steht, ist wiederum der Grund, warum dort überhaupt Kesselwagen stehen. Jene Güterwagen, bei denen es nicht ganz so schwer ist, hinaufzuklettern.

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