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Entschärfte Weltkriegsbombe: Immer wieder werden in Berlin und Brandenburg Blindgänger gefunden.

© dpa

Update

Berlin-Steglitz: 500-Kilo-Weltkriegsbombe ist entschärft

Umkleidekabine statt Wohnzimmer: In Steglitz brachte eine Weltkriegs-Bombe den Alltag von 2900 Anwohnern durcheinander. Der Blindgänger wurde entschärft.

Eigentlich säßen Gerhard Pietsch und seine Frau Birgit mittags um halb zwölf nicht in der schwülen Umkleidekabine einer Steglitzer Sporthalle. Sondern eher gemütlich in ihrer Wohnung ganz in der Nähe. Normalerweise stünden neben ihnen auch keine Taschen vollgestopft mit Kleidung, die sie heute Morgen erst zusammengepackt haben; „falls wir übernachten müssen“, wie Birgit Pietsch sagt.

Explosive Kriegsbeute

Das Ehepaar gehört zu den 2900 Bewohnern in Steglitz, deren gewöhnlicher Tagesablauf am Dienstag durcheinander- gebracht wurde – von einer Bombe. Die hatte am Sonnabend ein Bauarbeiter bei Erdarbeiten an der Ecke eines Wohnhauses entdeckt – und sogar ganz freigelegt, wie Experte Detlef Jaab erstaunt feststellt. Am Dienstag rückte sein Team an, um den 500 Kilo schweren Blindgänger an der Schönhauser Straße/Ecke Bergstraße zu entschärfen. Bevor er sich mit zwei Kollegen daranmacht, den russischen Zünder aus der deutschen Bombe zu ziehen, zeigt sich Jaab, der bereits in seinen dunkelgrünen Overall geschlüpft ist, zuversichtlich: „Der wird leicht rausgehen.“ Der Entschärfer kennt diese Art Bomben, die Russen sollen im Krieg zahlreiche deutsche Bomben erbeutet haben.

Ausharren in der Turnhalle

Auf ein leichtes Spiel für Jaab hofft auch Lydia Hanke, die im Haus hinter der Bombe wohnt. Wenn diese hochginge, scherzt die 23-Jährige, würde sie das im obersten Stock bestimmt besonders dolle merken. Sie huscht nochmal schnell nach oben, um eine Jacke zu holen – denn noch sieht der Himmel etwas unschlüssig aus. Eine Nachbarin trägt gerade ein paar Taschen mit Laptop und anderen Wertsachen aus der Tür. Auf der fordert ein Zettel die Hausbewohner auf, „zu Ihrer eigenen Sicherheit“ das Haus zu räumen und eine der vier Sammelstellen aufzusuchen.

Die Sochos-Sporthalle ist eine davon. Hier warten die Pietschs noch darauf, dass das Rote Kreuz Tische aufbaut und Wasser organisiert. Gerhard Pietsch kennt das Prozedere schon. „Als ich noch in Nürnberg gewohnt habe, hatten wir so was öfters“, sagt der 58-Jährige.

Für Nena Snajder-Kannert ist so eine Aktion mit 350 Beamten dagegen neu. Sie leitet den Club Steglitz zwei Straßen weiter, der, so schätzt sie, heute bis zu 120 Menschen aus dem Sperrkreis aufnehmen wird, der mit einem Radius von 250 Metern um die Bombe gezogen wurde. Snajder-Kallert hat deshalb alle Veranstaltungen abgesagt. Wo heute die Billardgruppe hätte spielen sollen, vertreiben sich zwei ausquartierte Senioren die Zeit. Eine Schar von Polizisten klingelt nun jede Wohnung zwischen Lothar-Bucher-Straße, Bismarck-, Kant- und Filandastraße durch. Die meisten Leute sind schon draußen. „Aber wenn jemand bleiben wollte, könnten wir ihn nicht zwingen“, sagt ein Polizist.

Um 13.15 Uhr sind die Straßen um die Bombe leergefegt. Jaabs Team kann loslegen. Nach nur zehn Minuten ist alles vorbei, um 13.44 Uhr kommt die offizielle Entwarnung. Die Anwohner dürfen zurück. Jaab steht neben der Bombe, den Zünder in der Hand. Was das Schwierigste war? „Die Hitze“, sagt der Routinier trocken. Die Bombe wird dennoch bald hochgehen – kontrolliert am Sprengplatz Grunewald.

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