zum Hauptinhalt

Bombenleger-Prozess: Rudow-Bomber ist voll schuldfähig

Peter J., der Bombenleger von Rudow, leidet nach Ansicht eines Gutachters an einer Persönlichkeitsstörung – ist aber voll schuldfähig. Im November letzten Jahres wurde seine Nichte Charlyn bei der Explosion einer Bombe in einem Briefkasten schwer verletzt.

Peter J. ist ein Mensch mit ausgeprägten Eigenheiten. Er strebe danach, cleverer als andere zu sein, wolle siegen, neige zur Selbstüberschätzung und könne auf Kritik oder Zurückweisung empfindlich reagieren, schätzte gestern ein Gutachter ein. Der Psychiater diagnostizierte eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit einer paranoiden Komponente. Peter J., der „Bombenleger aus Rudow“, sei aber dennoch voll schuldfähig.

Zwei Sprengfallen hatte der 33-jährige J. am 26. November vergangenen Jahres gelegt – eine im Briefkasten der Familie seiner Stiefschwester, die andere auf dem Auto seines Schwagers. Das hatte er in dem seit August laufenden Prozess wegen versuchten Mordes zugegeben. Er sprach von einem „Fehler“. Nicht die kleine Charlyn, sondern seinen Schwager habe er treffen wollen. „Hand ab – dafür, dass er geklaut hat“, erklärte der Angeklagte.

An zwei Prozesstagen hatte Peter J. seine Version geschildert. Er gestikulierte, lachte zwischendurch auf, schien ganz in seiner eigenen Welt, verlor den Faden und fragte dann: „In welcher Zeit sind wir denn jetzt?“ Immer wieder sprach er von einem angeblichen Einbruch in seine Wohnung, für den er seinen Schwager und seine Stiefschwester verantwortlich machte. Mit den Bomben habe er ein „Zeichen“ setzen wollen. „Ich wollte die Polizei dazu bringen, wegen des Einbruchs bei mir zu ermitteln.“

Die Frage nach der damaligen seelischen Verfassung ist der Kernpunkt der Beweisaufnahme. Gutachter Hans-Ludwig Kröber sagte, J. neige zu einem Freund-Feind-Denken. Schuld seien immer die anderen. Dass Charlyn getroffen, ihr rechter Arm zerfetzt wurde, bezeichnete er auch gegenüber dem Gutachter als Fehler. Insgesamt aber habe J. nach Rechtfertigungen gesucht. Nach dem Motto: „Weil mir kein Recht getan wurde, nehme ich das Recht in die eigene Hand.“

Der Angeklagte und Charlyns Mutter sind gemeinsam in einer Pflegefamilie aufgewachsen. In seiner Kindheit habe Peter J. dort auf „unvorteilhafte Methoden“ erlebt, sagte der Gutachter. J. sei auf Distanz zur Familie gegangen. Er baute sich sein eigenes soziales Umfeld auf. „Mit jungen Männern, die ihm unterlegen waren, ihn bewunderten.“ Und er nahm eine „dissoziale Entwicklung“, stahl oder fuhr ohne Führerschein.

Als er die Bomben legte, habe Peter J. nicht impulsiv gehandelt. Es hätte kein Wahn vorgelegen, es seien keine Zwänge erkennbar, die ihn getrieben haben könnten, sagte Kröber. Einsichts- und Steuerungsfähigkeit seien aus seiner Sicht nicht erheblich eingeschränkt, J. damit nicht vermindert schuldfähig gewesen. Der Prozess wird am nächsten Dienstag fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false