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© Schroeder

Brennende Autos: Polizei: Brandanschläge sind nicht zu verhindern

2008 wurden in Berlin 104 Autos zerstört, überführt wurde kein einziger Tatverdächtiger. Innensenator Körting und Polizeipräsident Glietsch lehnen eine Sonderkommission zu den Anschlägen weiterhin als völlig sinnlos ab.

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und Polizeipräsident Dieter Glietsch lehnen eine Sonderkommission zu den Brandanschlägen auf Autos weiterhin als völlig sinnlos ab. Auf Antrag der CDU debattierte gestern der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses erneut über das Thema, nachdem 2009 bereits 21 Fahrzeuge von Linksextremisten angezündet worden sind. Im Vorjahr waren es 104, im Weltwirtschaftsgipfel-Jahr 2007 sogar 129. Der CDU-Abgeordnete Robbin Juhnke warf dem Senat vor, „auf dem linken Auge blind zu sein“. Dies wies der Innensenator als „verleumderisch“ zurück: „Das ist schamlos gegenüber den Polizeibeamten.“ Auch Polizeipräsident Glietsch betonte, „dass wir unsere Schwerpunkte in den Ermittlungen nicht auf politischen Druck hin setzen“. Eine Soko sei ein ebenso „wohlfeiler“ wie unsinniger Ratschlag.

Letztlich werden die politisch motivierten Brandanschläge von einem speziellen Kommissariat bearbeitet, und zwar beim Staatsschutz. Glietsch musste einräumen, dass es im Jahr 2008 nicht gelungen sei, einen einzigen Tatverdächtigen zu überführen. „Die Polizei kann, auch wenn sie 1000 oder 2000 Leute mehr Leute mehr hätte, nicht jeden Anschlag verhindern oder aufklären“, sagte Glietsch. Es seien zwar drei Leute festgenommen worden – Brandstifter waren es nicht.

Der Polizeipräsident erläuterte, wie schwer es sei, die Täter zu fassen. Ein Auto in Brand zu setzen, sei ausgesprochen unkompliziert und risikoarm, sagte Glietsch. Wenn die ersten Flammen aus dem Auto schlagen, „sind die Täter schon zwei Straßen weiter“. Allerdings wird auch polizeiintern kritisiert, dass der Staatsschutz die Fälle nur verwaltet. So erfuhr die Abteilung erst durch einen Bericht des Tagesspiegels von einem Bekennerschreiben der linken Szene. Wie berichtet, hatte sich eine bislang nicht in Erscheinung getretene Gruppe „Bewegung für militanten Widerstand (BMW)“ dazu bekannt, Ende Dezember acht Fahrzeuge angezündet zu haben. Diese Selbstbezichtigung war in der linksautonomen Zeitschrift „Interim“ abgedruckt, die bereits Tage zuvor erschienen war. Dem Vernehmen nach wertet der Staatsschutz die Interim, die bekannt ist für Bekennerschreiben, nicht von selbst aus. Bis dahin hatte ein Brandkommissariat ermittelt; der Staatsschutz hatte keine Kenntnis des politischen Hintergrunds. Die Gruppe „BMW“ hat die Taten mit der „Umstrukturierung“ ärmerer Bezirke begründet, deshalb seien Fahrzeuge in Neukölln, Kreuzberg und Mitte angezündet worden. Dort, so der in der linken Szene verbreitete Vorwurf, werden die alteingesessenen Mieter durch Luxussanierungen vertrieben.

Innensenator Körting widersprach einem Zeitungsbericht, dass erst jetzt darüber nachgedacht werde, Telefone von Tatverdächtigen abzuhören: Dies werde schon immer gemacht, dies sei bei derart schweren Straftaten selbstverständlich. Es würden auch Luxuskarossen von der Polizei als Lockmittel abgestellt und observiert. Auch dies blieb erfolglos. In der linken Szene wird mittlerweile davor gewarnt, dass die Polizei verstärkt versuche, Spitzel in die Szene einzuschleusen.

Etwa die Hälfte der in diesem Jahr angezündeten Fahrzeuge waren Firmenwagen. Betroffen sind Konzerne wie die Telekom, die Bahn und die Post. Die Bahn ist als Transporteur der Castor-Behälter verhasst, die Post wegen ihrer Bewerbung, die Logistik in der Bundeswehr zu übernehmen. Der Rest waren teure Marken wie Porsche, Mercedes und BMW. In der Nacht zu Montag brannte in der Jahnstraße in Neukölln ein Smart; es sei kein politischer Hintergrund zu erkennen, so die Polizei. Am Wochenende brannten außerdem ein Porsche Cayenne, ein VW-Golf und ein Post-Fahrzeug.

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