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Polizeibeamte stehen auf dem Balkon, vom dem das Neugeborene herunter geworfen wurde.

© dapd

Update

Charlottenburg: Baby aus Fenster geworfen: Familie war dem Jugendamt bekannt

Gegen die Mutter des am Sonntag aus dem Fenster geworfenen Babys ist Haftbefehl erlassen worden. Das Jugendamt hatte wegen Schulproblemen einer Tochter bereits mit der Familie zu tun.

Es war die Mutter, die ihr Neugeborenes aus dem Fenster ihrer Wohnung am Spandauer Damm in Charlottenburg geworfen hat. Am Montag wurde gegen die 40-jährige Ines D. Haftbefehl wegen Totschlags erlassen. Die 40-Jährige hatte in der Vernehmung am späten Sonntagabend gestanden. Ihr Lebensgefährte sei nicht beteiligt gewesen. Bei der Vernehmung durch die Mordkommission soll sie einen „kalten Eindruck“ hinterlassen haben. Der etwa zehn Stunden zuvor geborene Junge war laut Obduktion an den Folgen des Sturzes aus dem 5. Stock gestorben. Zunächst hatte der Lebensgefährte unter Verdacht gestanden, da er durch mehrere Gewalttaten polizeibekannt ist. Wegen seiner Vergangenheit hatte die Polizei die Wohnung der Familie durch das SEK stürmen lassen. Der 44-Jährige ist am Sonntagabend wieder auf freien Fuß gesetzt worden, ebenso die 15-jährige Tochter der Frau.

Die Mutter hat zwei Töchter im Alter von 15 und 17 Jahren. Die ältere lebt nicht mehr zu Hause, berichtete die Jugendstadträtin des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf, Elfi Jantzen. Die Familie sei wegen der Schulprobleme der 17-Jährigen dem Amt bekannt gewesen. „Es gab keinen Grund für eine engmaschige Betreuung der Familie“, sagte Jantzen. Die aktuelle Schwangerschaft sei dem Amt nicht bekannt gewesen, sagte die grüne Stadträtin. In den vergangenen Jahren hat die Frau zwei Kinder zur Adoption freigegeben.

Inwieweit der Mann Druck innerhalb der Familie ausgeübt hat, ist unklar. Es wird sich nach Angaben aus Ermittlungskreisen auch nicht aufklären lassen. Bei der Polizei hieß es, dass sich die Familie auf das Kind vorbereitet habe, zum Beispiel Windeln gekauft habe. Anwohner berichteten dagegen, dass die Frau ihre Schwangerschaft verbergen wollte.

Der 44-Jährige ist mehrfach verurteilt worden. 2000 und 2001 verbüßte er in Berlin eine in Bayern erhaltene Strafe. Anfang 2003 hatte er in Spandau seine damalige Lebensgefährtin zu Tode geprügelt und ihr das Gesicht zertrümmert. Die Frau wurde erst zehn Wochen später gefunden. Wegen Körperverletzung mit Todesfolge wurde er zu sieben Jahren verurteilt und eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Im Oktober 2008 wurde er vorzeitig entlassen, als Auflage erhielt er eine Bewährungszeit von fünf Jahren. In dieser Zeit schlug er seiner neuen Lebensgefährtin mit der Hand ins Gesicht. Die heute 15-jährige Tochter ging dazwischen und wurde gegen einen Tisch gestoßen. Das Urteil von Juni 2010 für diese Taten: 270 Tagessätze zu 30 Euro, aber keine Haft. Laut Polizei soll es zudem Anzeigen wegen Kindesmisshandlung gegeben haben. Anwohner legten am Montag Blumen vor dem Haus ab und entzündeten Kerzen.

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