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Doppelmord: Aus Rache an der Mutter

Sechs Monate nach dem Doppelmord in Rudow steht der 19-jährige Enkel der Opfer vor Gericht.

Berlin - Die Großmutter lief noch auf den Balkon und rief um Hilfe. Nachbarn hörten ihre verzweifelten Schreie. Als die alarmierte Polizei eintraf, lagen die 74-jährige Frau und ihr zehn Jahre jüngerer Mann in einer Blutlache. Schnell erhärtete sich der Verdacht, die schreckliche Tat könne einen familiären Hintergrund haben. Ab morgen muss sich nun der 19-jährige Enkel der Getöteten wegen Doppelmordes vor einer Jugendstrafkammer verantworten.

Erdal W., Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters, trieb aus Sicht der Ermittler gnadenloser Zorn auf seine Mutter, die Tochter der Opfer. Er habe sich an seiner Mutter rächen wollen, weil sie ihn und seinen Vater Sahin Ö. verlassen hatte. Maskiert und mit einem Messer bewaffnet soll er am 14. März gegen 8.40 Uhr bei Ursula S. und Heribert R. aufgetaucht sein. Laut Anklage klingelte er oder gelangte über den Balkon in die Parterre-Wohnung in Rudow. Mehrmals habe er in der Küche auf den Mann eingestochen, dann auf seine Großmutter.

Der damals 18-jährige Erdal wurde zu dem Zeitpunkt bereits seit zwei Monaten per Haftbefehl gesucht. Er war nach einem Messerangriff auf den neuen Partner seiner Mutter, Claudia W., bei dem ihn sein Vater angefeuert haben soll, untergetaucht. Nach der Tat an den Großeltern spürten die Ermittler den jungen Mann schließlich bei Verwandten auf. Es wurden Blutspuren entdeckt, die eindeutig gegen den Enkel sprachen. Nach anfänglichem Leugnen soll er die Tötung seiner Großeltern aber im Wesentlichen gestanden haben. Anhaltspunkte dafür, dass der Vater zur Tat angestiftet hatte, gab es nicht.

Die Großeltern sollen aufgeatmet haben, als sich Claudia W. im Sommer 2007 von Sahin Ö. getrennt hatte. 21 Jahre war das Paar zusammen. Sie haben vier Kinder. Ö. habe viel Alkohol getrunken, sie dann oft bedroht und beleidigt, sagte die 38-Jährige vor zwei Monaten, als sich Ö. für den Angriff auf den Rivalen vor Gericht verantworten musste.

Erdal trat in der Verhandlung gegen seinen Vater als Zeuge auf und nahm die Alleinschuld auf sich. Die Richter sahen das anders. Der 43-jährige Ö. wurde zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Bei dem Angriff habe er den Mann festgehalten und den Sohn aufgefordert, den neuen Partner von Claudia W. in den Bauch zu stechen. Zudem habe Sahin Ö. eine Vase auf den Mann geworfen, der bei der Attacke verletzt wurde.

Die Mutter wurde zu ihrer Sicherheit ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen. Wenn die Verhandlung gegen ihren Sohn beginnt, wird sie nicht mit im Saal sitzen. Doch sie ist Nebenklägerin in dem Prozess, in dem Erdal eine Jugendstrafe von bis zu zehn Jahren droht. K.G.

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