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Extremismus: Zusammenstöße bei Neonazi-Aufmarsch

Unter massivem Polizeiaufgebot haben am Sonnabend rund 750 Rechtsradikale demonstriert. Der Aufmarsch begann am Alexanderplatz. Hintergrund war ein Brandanschlag auf eine in der rechtsextremen Szene beliebten Kneipe am vergangenen Wochenende.

Am Strausberger Platz wurde es gefährlich: Um 14.23 Uhr flog ein Brandsatz auf die Demo von 750 Neonazis. Doch der Molotowcocktail zündete nicht, Menschen wurden nicht verletzt. Zudem wäre ein Brandanschlag für die Rechtsextremisten eine weitere Bestätigung ihres überraschend großen Aufzuges gewesen. Vom Alexanderplatz bis zum S-Bahnhof Landsberger Allee zogen die Rechtsextremisten, darunter nach Schätzung der Polizei 200 Gewaltbereite aus der Kameradschaftsszene.

Nach dem Brandanschlag auf die rechte Szenekneipe „Zum Henker“ in Oberschöneweide vor einer Woche hatten die Rechten ihre Demo „Gegen linken Terror“ angemeldet. Dass die am Freitag von der Polizei festgenommenen Täter nicht aus der linken Szene stammten, ignorierten die Rechtsextremisten völlig. Immer wieder wurden über Lautsprecher die „roten Mordbanden“ für die Brandsätze auf die „nationale Kneipe“ verantwortlich gemacht. Wie berichtet, hatte die Kripo am Freitag sieben Männer aus Berlin und Brandenburg festgenommen, die sich mit diesem Anschlag für eine vorangegangene Schlägerei und ihren Rauswurf aus dem Lokal rächen wollten. Auf ihrer Flucht überrollten sie mit ihrem Auto einen Gast und verletzten ihn lebensgefährlich. Zwei weitere Rechte, die die Flucht der Täter verhindern wollten, wurden verletzt.

Die Festgenommenen sind bislang allesamt nicht politisch aufgefallen, weder im linken noch im rechten Spektrum. Angesichts dieser überraschenden Wendung hatte die Polizeiführung am Sonnabendmorgen dem Anmelder der Demonstration nahegelegt, den Marsch abzusagen. Die Rechten beharrten jedoch darauf, „um ihren derzeitigen Rückenwind auszunutzen“, wie ein Polizeiführer sagte. Denn durch die Attacke auf die Kneipe konnten sich die Rechten gut als Opfer verkaufen.

Die Stimmung bei den Rechten war von Beginn an äußerst aggressiv, hieß es bei der Polizei. Überraschend waren auch viele Teilnehmer aus anderen Bundesländern, vor allem aus Brandenburg, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern nach Berlin gekommen.

Begleitet von deutlich mehr als 1000 Polizisten zogen die Rechten durch Friedrichshain. Um Ausbruchsversuche der Rechten und Angriffe der linken Gegendemonstranten zu verhindern, wurde der Marsch von hunderten behelmten Beamten regelrecht eingekesselt. Vor dem Sportzentrum SEZ wurde ein glatzköpfiger Neonazi von einer aus der Ferne geworfenen Bierflasche getroffen, er ging mit einer Platzwunde zu Boden.

Den mehreren hundert Gegendemonstranten gelang es mehrfach, die Wegstrecke kurzzeitig zu blockieren. Doch alle Sitzblockaden wurden rigoros und sofort von der Polizei aufgelöst (siehe Video am Ende). Nahe der Landsberger Allee ging ein neuwertiger Audi in Brand auf. Mindestens 40 Personen wurden festgenommen, fast alle aus dem linken Spektrum. An dem Protest gegen die Nazis beteiligten sich Vertreter der Grünen, der Linkspartei, der neu gegründeten Piratenpartei und linke Splittergruppen. An einer Kundgebung zu Beginn nahmen auch Berlins Migrationsbeauftragter Günter Piening und der Fraktionschef der Linken, Udo Wolf, teil. Für den gestrigen späten Abend hatte die linke Szene eine Demo vor dem „Henker“ angemeldet.

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