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Fall Nicole Jesse: Arbeitskollege gesteht Mord auf Recyclinghof

Der Mord an der 26-jährigen Alba-Angestellten Nicole Jesse ist aufgeklärt. Ein seit gestern verdächtigter Kollege gestand die Tat, bestreitet aber eine Vergewaltigung

Für die Alba-Angestellten ist das Ergebnis der Polizeiermittlungen ein Schock: Der mutmaßliche Täter ist ein Arbeitskollege. Der Mann soll Lastwagen für das Unternehmen gefahren haben. „Aus dem Arbeitsumfeld haben sich Hinweise auf den Beschuldigten ergeben“, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft Martin Steltner. Im Rahmen einer Zeugenvernehmung habe sich der 23-Jährige immer stärker in Widersprüche verstrickt. Er arbeitete wie das Opfer am Tattag in der Nachtschicht, war aber zum Zeitpunkt des Mordes nicht an seinem Arbeitsplatz. Im anschließenden Verhör – jetzt als Beschuldigter – gestand er schließlich den Mord an der 26-jährigen Kollegin, bestritt aber die Vergewaltigung. Noch am Mittwochabend sollte der Mann wegen des Verdachts des Mordes und der Vergewaltigung dem Haftrichter vorgeführt werden.

Ob es sich bei dem Tatverdächtigen auch um den Einbrecher handelt, der in den letzten Wochen private Gegenstände der Getöteten gestohlen hat, konnte die Polizei nicht sagen. Zwei Mal wurde der Spind von Nicole Jesse aufgebrochen und dabei unter anderem Unterwäsche von ihr entwendet. Die Frau war seit zwei Jahren auf dem Recyclinghof beschäftigt und sortierte Plastikmüll an einem Fließband.

Am Donnerstag vor einer Woche wollte die 26-Jährige nach ihrer Spätschicht noch duschen. Als Kollegen am Freitagmorgen Blutspuren in den sanitären Anlagen des Betriebs fanden, informierten sie die Polizei. Mit Hubschrauber und Hunden durchsuchten die Beamten das riesige Gelände am Hultschiner Damm in Mahlsdorf. Aufgrund der entdeckten Blutlachen gingen die Ermittler gleich von einem Gewaltverbrechen aus. Am vergangenen Sonntag fanden die Einsatzkräfte schließlich die Leiche in einem Container auf dem Firmengelände.

Häufung von Mordfällen in Berlin

Nicole Jesse wurde am Freitag von Kollegen als vermisst gemeldet, weil sie nicht zum Dienst erschien. Drei Tage durchkämmte die Polizei anschließend den gesamten Recyclinghof am Hultschiner Damm in Mahlsdorf. Da in den Duschräumen des Betriebs Blut gefunden wurde, gingen die Ermittler von Anfang an von einem Verbrechen aus. Am Sonntag fanden die Ermittler die mit Draht umwickelte, bekleidete Leiche in einem Container. Da der Mord auf dem Firmengelände geschah, der von einem Pförtner bewacht wird, war der Kreis der möglichen Täter übersichtlich. Nach Angaben des Unternehmens arbeiten rund 150 Angestellte auf dem Hof.

Derzeit häufen sich in Berlin die Mordfälle. Am Montag fanden Mitarbeiter eines Pflegedienstes die erstochene 75-jährige Zineta O. in Wedding. Am Dienstag nahm die Polizei einen 40-jährigen Mieter des Wohnhauses fest, der die Tat eingestand. Vergangene Woche wurde ein 25-jähriger Mann aus Lettland in seiner Spandauer Wohnung erstochen. Hier nahm die Polizei noch am Tatort eine 29-jährige Frau als dringend tatverdächtig fest. Auch beim letzten Mord des vergangenen Jahres ist der mutmaßliche Täter bereits gefasst. Zwei Tage vor Weihnachten wurde der Rentner Gerhard K. in Steglitz erschlagen. Nach nur vier Tagen konnten die Ermittler einen verdächtigen 29-Jährigen festnehmen.

Grundsätzlich werden in Berlin fast alle Mordfälle schnell gelöst. Im Jahr 2008 konnte die Mordkommission 42 von 44 Fällen aufklären. In den letzten zehn Jahren schwankte die Aufklärungsquote zwischen 85 und 100 Prozent. (jra/ho/tsp/das/jra/ddp)

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