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In der Erlanger Straße 7 in Neukölln brannte ein Kinderwagen.

© Johannes Radke

Update

Fünf weitere Menschen verletzt: Trotz Tragödie in der Sonnenallee: Wieder Kinderwagen angezündet

Gleich an zwei Orten haben am Mittwochabend wieder Kinderwagen in Berliner Wohnhäusern gebrannt. Am Sonnabend wurden drei Menschen bei einem solchen Feuer getötet, diesmal fünf verletzt.

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Am Morgen nach dem Brand im Treppenflur eines Wohnhauses in der Erlanger Straße 7, waren die Bewohner in großer Angst. Die Straße befindet sich zwischen Reuter- und Flughafenstraße, nur wenige hundert Meter entfernt von dem Haus in der Sonnenallee, wo am vorigen Sonnabend wegen angezündeter Kinderwagen und Gerümpel im Hausflur drei Menschen - darunter ein Säugling - ums Leben gekommen waren. Auch in der Erlanger Straße hatte ein Unbekannter wieder einen abgestellten Kinderwagen angezündet. Von der Karre ist nur noch das Metallgerippe übrig geblieben. Doch die Mieter hatten Glück: Der Brand wurde rechtzeitig bemerkt. "Wir sind noch einmal glimpflich davon gekommen", sagte ein Bewohner heute früh dem Tagesspiegel. Gegen 21.30 hatten Mieter das Feuer bemerkt und den Notruf alarmiert. Die Feuerwehr konnte die Flammen im Hausflur schnell löschen. Doch fünf Mieter - darunter drei Kinder im Vorschulalter - mussten mit Verdacht auf eine Rauchgasvergiftung in ein Krankenhaus gebracht werden. Wie ernst ihr Gesundheitszustand ist, konnte die Polizei bislang noch nicht sagen.

Heute früh machte die Hausverwaltung des Gebäudes in der Erlanger Straße einen Rundgang, um den Schaden zu begutachten. Die Wände im Treppenflur sind pechschwarz vom Ruß. Wie eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung sagte, müssen das gesamte Treppenhaus gestrichen und die Briefkästen erneuert werden. 16000 Euro, schätzt die Hausverwaltung, werde das Ganze kosten. Vorwürfe machten jedoch weder die Anwohner noch die Hausverwaltung der Familie, die den Kinderwagen im Flur abgestellt haben. "Eigentlich steht im Mietvertrag, dass nichts im Hausflur abgestellt werden darf, aber wir wissen, dass wir das nicht verbieten können", sagte die Verwalterin. Doch wie will man das Problem künftig lösen? "Darüber haben wir uns jetzt noch keine Gedanken gemacht", sagte sie. Ein Bewohner berichtete, dass besonders bedrückend sei, dass der oder die Täter trotz der "guten Tür", die eigentlich immer verschlossen sei, ins Haus gelangt war. "Vielleicht hatte er einen Schlüssel. Oder jemand hat ihn hineingelassen", sagte er. Zwar befindet sich eine Gegensprechanlage in dem Haus - allerdings muss diese auch von allen Bewohnern benutzt werden, so dass keine Hausfremden ins Gebäude gelangen.

Auch in der Moabiter Quitzowstraße hatten Unbekannte gegen 18 Uhr nicht nur einen im Hausflur abgestellten Kinderwagen, sondern auch kleinere Mengen Papier angezündet. Zum Glück wurde dort das Feuer kurz nach 18 Uhr rechtzeitig bemerkt. Die Feuerwehr konnte den Brand löschen. Menschen kamen hier nicht zu Schaden.

Ein Brandkommissariat ermittelt an beiden Tatorten. Eine Spur zum Täter gibt es bislang noch nicht, hieß es heute bei der Polizei.

Ein Feuerwehrmann zeigte sich erschüttert, dass angesichts der tragischen Ereignisse vom vorigen Wochenende weiter gezündelt werde. Zur Brandstiftung in dem Hausflur an der Sonnenallee, wo drei Menschen - darunter ein Säugling - ums Leben gekommen waren, haben die Ermittler bislang neun Hinweise erhalten. Doch eine Spur zum Täter gibt es auch hier offenbar noch nicht. Um den Fahndungsdruck zu erhöhen, hat die Polizei 5000 Euro für entscheidende Hinweise, die zum Täter führen, ausgelobt. Um dies publik zu machen, hat die Polizei im Umkreis von drei Kilometern vom Tatort Zettel aufgehängt: Wegen des hohen Ausländeranteils in dem Kiez werden in vier Sprachen (deutsch,bosnisch,arabisch,türkisch) Zeugen gebeten, sich zu melden.

In den vergangenen Monaten hatte es in Neukölln häufiger Kinderwagen-Brände in Wohnhäusern gegeben. Nur wenige Tage vor dem verheerenden Brand in der Sonnenallee hatte ein Unbekannter einen Kinderwagen in der Weichselstraße angezündet. Auch in der Lahnstraße, einige Kilometer entfernt von den jetzigen Tatorten, steckte ein Unbekannter an Neujahr eine Kinderkarre in Brand.

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