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Prozess: Händler verlor Klage gegen Polizei

Ein Getränke-Unternehmer wollte Schadenersatz vom Land, weil er zu Unrecht des Warenkreditbetrugs verdächtigt wurde.

Die Argumente flogen hin und her. Manchmal schien der Unternehmer und Kläger Ibrahim Arikoglu, der gestern vor dem Landgericht um rund zwei Millionen Euro Schadenersatz vom Land kämpfte, den Kopf einzuziehen. Der Getränkegroßhändler schaltete die Justiz ein, weil das Landeskriminalamt (LKA) vor knapp drei Jahren bei Ermittlungen Geschäftspartner von ihm angeschrieben und letztlich einen falschen Verdacht in die Welt gesetzt hatte. Dadurch sei ihm viel Geld verloren gegangen.

„Was die Behörden mit mir gemacht haben, ist ein Skandal“, sagte der Kläger vor der Verhandlung. Im Gerichtssaal saß er zunächst still zwischen den Anwälten. Durch die LKA-Aktion sei es zu einer Minderung des Unternehmenswertes gekommen, beharrte Rechtsanwalt Olaf Herzog für den Geschäftsmann. „Ohne den Vorfall hätte man heute besser dastehen können.“ Er warf dem LKA amtswidriges Verhalten vor. Man habe keine Abwägung vorgenommen und sich „aufgeführt wie der Elefant im Porzellanladen“.

Alles begann im Frühjahr 2007. Der damals in Kreuzberg ansässige Unternehmer erlebte wundersame Dinge. Einige Lieferanten wollten ihm keine Ware mehr schicken, andere verlangten Vorkasse, Geldinstitute waren an einer Zusammenarbeit nicht mehr interessiert. Ein Gespräch mit einem Geschäftspartner sorgte für Aufklärung – und Empörung. LKA-Ermittler hatten rund 70 Firmen und Organisationen angeschrieben. Es wurde darin mitgeteilt, dass es um einen „zu überprüfenden Hinweis auf angeblich betrügerische Aktivitäten“ gehe. Der Name der Iber-Tek Import und Export GmbH fiel. Deren Chef war und ist Ibrahim Arikoglu.

„Es kommt auf die Art und Weise des Schreibens an“, kritisierte die Kläger-Seite. Die Maßnahmen seien nicht angemessen gewesen. Der Anwalt der für den Fall zuständigen Senatsverwaltung für Finanzen hielt dagegen: „Ein Nichts-Tun wäre pflichtwidrig gewesen.“ Der Anfangsverdacht habe sich auf einen Praktikanten verdichtet, der bei Arikoglu für kurze Zeit tätig war. Gegen diesen Mann liefen bereits Telefonüberwachungen. Hintergrund waren Ermittlungen wegen Warenkreditbetruges im großen Stil – „Bereich organisierte Kriminalität“, fügte der Senats-Vertreter hinzu.

Der Praktikant war ein Lügner. Er soll sich bei Arikoglu unter falschem Namen eingeschlichen haben. Er bestellte dann auch noch 22 Laptops. Da wurden die Ermittler hellhörig. Auch der Unternehmer hatte bemerkt, dass der Praktikant ohne Vollmacht Waren geordert hatte. „Die Sachen haben wir sofort wieder zurückgeschickt“, sagte er nun. Der junge Mann sei nach drei Wochen entlassen worden.

Der unbescholtene Arikoglu war völlig unschuldig. Sein Ruf aber hatte gelitten. Die Polizei äußerte Bedauern und wandte sich an seine Geschäftspartner. Zahlungen aber lehnte das Land ab. War die LKA-Aktion rechtswidrig? Dieses spannende Kapitel wurde erst gar nicht aufgeschlagen. Es ging vielmehr um die Zahlen aus einem Gutachten, mit denen die Kläger-Seite den angeblichen Verlust der Firma belegen wollte. „Die Zahlen sind nicht ansatzweise nachvollziehbar“, kritisierte die Richterin. Der Unternehmer, der seinen Umsatz seit 2007 steigern konnte, scheiterte: Klage abgewiesen. Kerstin Gehrke

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