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Justiz: Mai-Krawall-Prozess: Tumult im Gerichtssaal

Lautstarke Proteste, Zwischenrufe, Ablehnungsanträge gegen die Richter: In einem Prozess gegen zwei mutmaßliche Mai-Randalierer vor dem Berliner Landgericht ist es am Dienstag zu Tumulten gekommen. Die Angeklagten bleiben weiterhin in U-Haft.

Berlin - Plötzlich brach ein Tumult aus. „Skandalös“, riefen Zuschauer. „Sie sollten sich was schämen!“ und „Lügen!“, empörten sich andere. Einige weinten, auch die beiden Angeklagten, die für den Wurf einer Brandflasche bei den Maikrawallen in Kreuzberg verantwortlich sein sollen. Die Vorsitzende Richterin Petra Müller, die gerade begründete, warum das Gericht einen Antrag auf Haftentlassung ablehnte, ließ den Saal räumen.

Der 17-jährige Rigo B. und der 19-jährige Yunus K. sitzen seit sechseinhalb Monaten in Untersuchungshaft. Seit zweieinhalb Monaten läuft der Prozess wegen versuchten Mordes. Die Jugendlichen sollen einen Brandsatz in Richtung Polizisten geschleudert haben. Eine Passantin wurde getroffen und schwer verletzt. Die beiden Schüler bestreiten die Vorwürfe vehement. Ihre Verteidiger gehen von einer Verwechslung aus. Nach dem gestrigen Prozesstag ist klar, dass die Richter den Fall derzeit wie die Anklage sehen.

Die Aussagen von drei Polizisten, an deren Glaubwürdigkeit die Anwälte „erhebliche Zweifel“ äußerten, wiegen für die Richter schwer. Der dringende Tatverdacht stütze sich im Wesentlichen auf diese Zeugen, argumentierte das Gericht. Zwei der Beamten hätten den Wurf beobachtet und die Angeklagten bis zur Festnahme allenfalls für zwei Sekunden aus dem Blickfeld verloren. Zwar seien „zwischen einzelnen Bekundungen“ der Beamten Widersprüche aufgetreten. Dafür hätten sie aber Erklärungen geliefert.

In dem elfseitigen Beschluss wurde deutlich, worauf sich die beiden Angeklagten einstellen müssen. Im Falle einer Verurteilung seien „die zu erwartenden Strafen hoch“, sagte die Richterin. Es bestehe Fluchtgefahr. Die Angeklagten hatten mit einer solchen Zwischenbilanz nicht gerechnet. Fassungslos sahen sie zu ihren Eltern. Nach einer mehrstündigen Pause konterte die Verteidigung und stellte erneut einen Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter und Schöffen. Den Schöffen sei der Beschluss über die Anträge auf Haftentlassung offenbar „nur zum Abnicken vorgelegt worden“, beanstandeten sie. Der Prozess soll am Donnerstag fortgesetzt werden.

Kerstin Gehrke

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