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Ermittler suchten am Freitag in der Kreutzigerstraße nach Beweismitteln.

© Tsp

Brennende Autos: Polizei nimmt erneut Tatverdächtigen fest

In Brand gesteckte Autos beschäftigen die Berliner Polizei inzwischen fast jede Nacht. Am frühen Sonntag konnte sie einen mutmaßlichen Täter stellen. Ein Verdächtiger aus einem anderen Fall erhielt einen Haftbefehl - und durfte gehen.

Eine Hausdurchsuchung, beschlagnahmte Beweismittel, mehr Brandschutzstreifen und Hubschraubereinsätze: Polizei und Staatsanwaltschaft erhöhen nach den jüngsten Brandanschlägen auf Autos den Fahndungsdruck.

In der Nacht zum Sonntag haben die Ermittler erneut einen mutmaßlichen Autobrandstifter festgenommen. Gäste eines Lokals hätten den 46-Jährigen in der Nacht zu Sonntag bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten, teilte die Polizei mit. Der Tatverdächtige hatte kurz vor 2 Uhr das Lokal in der Türrschmidtstraße betreten. Gesicht und Hände waren rußverschmiert. Er berichtete der Wirtin, dass ihr Wagen brenne.

Als der Mann das Lokal wieder verlassen wollte, hielten die Gäste ihn fest und alarmierten die Polizei. Einsatzkräfte der Feuerwehr löschten das Feuer an dem Fahrzeug. Kurz vor dem Brand hatte ein Zeuge laut Polizei einen Mann beobachtet, der über die Grundstücksmauer des Hauses kletterte und sich Zutritt zum Hinterhof verschaffte. Der 46-Jährige wurde nach seiner Festnahme dem Polizeilichen Staatsschutz des Landeskriminalamtes überstellt.

Haftbefehl gegen einen der beiden Verdächtigen von Freitag

Nach den ersten beiden Festnahmen vom Freitag hatter für die Ermittler vor allem das Ringen um einen Haftbefehl begonnen – im Falle des 43-jährigen Festgenommen mit Erfolg. Am Samstagabend wurde Haftbefehl erlassen, allerdings „mit Verschonung“: Der Mann kam gegen Auflagen frei.

Der zweite Verdächtige ist längst wieder frei. Die Beweislage ist meist dünn, nur Indizien reichen für eine Untersuchungshaft nicht aus. Maximal 48 Stunden bleiben den Beamten nach einer Festnahme, um einem Verdächtigen einen dringenden Tatverdacht, Flucht- oder Verdunklungsgefahr nachzuweisen. Ansonsten müssen die mutmaßlichen Täter nach Paragraf 128 der Strafprozessordnung unverzüglich, spätestens am Tag nach der Festnahme, wieder freigelassen werden.

So geschah es auch im Falle des 24-jährigen Otto B. Nachdem zuvor in der Nacht zehn Autos und ein Motorroller in Flammen aufgegangen waren, war er gegen 2.45 Uhr der Besatzung eines Polizeihubschraubers aufgefallen, als er mit einem mutmaßlichen Komplizen durch die Lüneburger Straße radelte. Weil sich der Tatverdacht nicht erhärtete, kam er noch am Freitagmittag auf freien Fuß. Und das, obwohl Polizisten Grillanzünder und weitere verdächtige Indizien bei ihm gefunden hatten. „Es wird weiter gegen ihn ermittelt“, versicherte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner.

Unterdessen ist die Wohnung des zweiten Verdächtigen, Detlef M., von der Polizei durchsucht worden. Etliche Polizeibeamte sicherten das Haus in der Kreutzigerstraße in Friedrichshain, bei dem es sich um ein Wohnprojekt der linken Szene handelt. Ermittler nahmen säckeweise Beweismaterial mit. Dem Mann wird laut Polizei auch eine Brandstiftung am 16. Mai in der Karl-Marx-Allee zur Last gelegt, bei der an einem BMW gezündelt wurde. Ein Zeuge habe damals die Polizei alarmiert, der Täter sei aber mit dem Rad geflüchtet.

Doch selbst nachdem aufgrund der neuen Beweislage ein Richter einen Haftbefehl mit Verschonung für Detlef M. erlassen hat, ist eine Verurteilung alles andere als sicher. Alexandra R., die 2009 ein Auto angezündet haben soll, wurde in dieser Woche bereits zum dritten Mal freigesprochen, ein 25-jähriger Ex-Bewohner des geräumten Wohnprojektes in der Liebigstraße 14 wartet noch auf den Prozess.

Damit ein Verdächtiger sicher verurteilt werden kann, müsste er eigentlich auf frischer Tat bei der Brandstiftung ertappt werden, heißt es bei der Polizei. Selbst Luxuskarossen wurden von der Polizei in der Vergangenheit abgestellt und observiert – ohne Erfolg. Zur aktuellen Taktik will man sich nicht äußern.

Derweil brannten in der Nacht zu Samstag wieder drei Fahrzeuge, darunter ein Mercedes der A-Klasse in Charlottenburg und ein Audi A6 in Mitte. „Es war kein politisches Tatmotiv erkennbar“, teilte die Polizei mit. „Das ist natürlich eine vorläufige Einschätzung der Kollegen“, sagt Polizeisprecher Michael Gassen. Die Ermittlungen gingen aber weiter. Bei der vorläufigen Überprüfung des Tatmotivs würden die Beamten auf die Art der Brandstiftung und den Bezirk achten. „Ganz sicher können wir aber nur sein, wenn es ein Selbstbezichtigungsschreiben gibt“, so Gassen.

Hinweise auf ein politisches Motiv bieten die in letzter Zeit häufiger angezündeten Firmenwagen. Zuletzt hatte es vor zwei Wochen einen Firmenwagen des in der linken Szene kritisierten Energieversorgers Vattenfall erwischt. Andere Anschlagsziele waren in der Vergangenheit auch Autos der Bahn oder der Post. Während die Bahn als Transporteur der Castorbehälter verhasst ist, machte sich die Post unbeliebt, weil sie für Aufträge der Bundeswehr im Gespräch war. Andere Indizien, die auf ein politisches Motiv hindeuten, sind teure Marken wie Porsche oder Mercedes. Weil aber auch immer mehr Mittelklassewagen im Mitleidenschaft gezogen werden, stehen die Autozündler selbst in der linken Szene in der Kritik.

Inzwischen ist die Zahl der abgebrannten und beschädigten Fahrzeuge in diesem Jahr auf 146 gestiegen. Noch im Mai war die Polizei davon ausgegangen, dass nur rund ein Drittel solcher Taten politisch motiviert ist. Ein häufiges Problem seien auch Trittbrettfahrer, berichtet Polizeisprecher Gassen. Ihre Taten würden nicht als politisch eingestuft. (mit dapd)

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