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Suchtrupp in einem Waldstück am Heiligensee.

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Kirsten Heisig: Suche nach Neuköllner Jugendrichterin weiter erfolglos

Die Neuköllner Jugendrichterin Kirsten Heisig bleibt verschwunden. In der Nacht zum Samstag wurde ein Hubschrauber eingesetzt - ohne Erfolg. Die Hinweise auf einen Suizid verdichten sich.

In der Nacht zum Samstag wurde die Suche nach der verschwundenen Neuköllner Richterin Kirsten Heisig vorerst ohne Ergebnis abgebrochen. Am Freitagnachmittag hatte die Polizei ein großes Areal im Tegeler Forst am Nordrand Berlins durchkämmt. Ohne Erfolg, sagte eine Polizeisprecherin. Nach einer Pause für die Spürhunde wurde gegen 19 Uhr die Arbeit wieder aufgenommen. Die Einsatzkräfte bewegten sich mit ihren Hunden durch den Wald in Richtung Hennigsdorf im Nachbarland Brandenburg. Zeitgleich wurde einem Polizeisprecher zufolge die Suche am Freitag auf die Umgebung der Bahnstrecke S25 zwischen Tegel und Hennigsdorf ausgeweitet. Etwa 60 Polizisten waren im Einsatz. Als auch diese Suche erfolglos blieb, überflog die Polizei in der Nacht das Gebiet mit einem Hubschrauber. Tagsüber war die Suche aus der Luft mit einer Wärmebildkamera wegen der hohen Temperaturen nicht möglich gewesen. Doch auch mit dem Hubschrauber fanden die Beamten nichts.

Am Donnerstag waren noch sogenannte Leichenspürhunde zum Einsatz gekommen, die zusammen mit Dutzenden Polizisten das Areal durchkämmten. Am Freitag hingegen setzte die Polizei Men-Trailing-Hunde ein. Die neuen Hunde sind speziell auf den Geruch der Vermissten abgerichtet. Sie sollen die Richtung zeigen, „in die die Person gelaufen sein könnte“, hieß es. Die Polizei erhofft sich anhand des Verlaufs der Spur ein genaues Bewegungsbild anfertigen zu können.

Dass die Vermisste die bekannte Neuköllner Jugendrichterin Kirsten Heisig ist, will das Landeskriminalamt offiziell noch immer nicht bestätigen. In Justizkreisen gab es allerdings keinen Zweifel daran, dass es sich um Heisig handelt. Die Richterin soll zuletzt am Montagabend im selben Bezirk Reinickendorf gesehen worden sein. Dort hatte sie Bekannte besucht.

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Gefragte Gesprächspartnerin. Kirsten Heisig wurde 1961 in Krefeld geboren und studierte Jura an der Freien Universität. 1990 trat sie in den Justizdienst ein, arbeitete zunächst als Staatsanwältin und später, ab 1992, als Richterin. Sie engagiert sich für die Vernetzung von Eltern, Ämtern, Polizei und Justiz, um Jugendkriminalität vorzubeugen. -

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Hinweise auf einen Suizid verdichten sich

Am Mittwoch gegen 14 Uhr war das Auto der Richterin in der Heiligenseestraße gefunden worden. Der Mazda war Ermittlern zufolge ordnungsgemäß abgestellt und offenbar nicht durchwühlt worden. Anhaltspunkte für eine Entführung oder ein Gewaltverbrechen gibt es weiterhin nicht, sagten Beamte. Das Handy der Richterin ist ausgeschaltet. Hinweise auf einen möglichen Suizid verdichten sich. Ein ehemaliger Weggefährte der Richterin bestätigte dem Tagesspiegel, dass die Frau in psychologischer Behandlung gewesen sei. Möglicherweise habe sie sich beruflich zu sehr unter Druck gesehen.

Heisig setzt sich für Schnellverfahren gegen kriminelle Jugendliche ein

Als Jugendrichterin hat Heisig vor allem mit bereits mehrfach kriminell aufgefallenen Jugendlichen, meist zwischen 14 und 18 Jahren, aus den Problemkiezen in Neukölln zu tun. Die Juristin ist durch das von ihr konzipierte Neuköllner Modell bekannt geworden. Ziel des Modells ist eine schnell auf die Tat folgende Gerichtsverhandlung – maximal nach vier Wochen. Folgen etwaige Strafen erst Monate oder Jahre nach einem Vergehen, gilt die pädagogische Wirkung des Urteils als schwach. Für Schnellverfahren kommen nur Fälle in Betracht, bei denen als Strafe maximal ein Arrest von vier Wochen zu erwarten ist. Häufiger werden jugendliche Täter nach dieser Verfahrensweise mit Arbeitsstunden oder dem sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich belegt. Außerdem sollen nur Taten nach dem Neuköllner Modell behandelt werden, bei denen die Beweislage eindeutig und übersichtlich ist. Umfangreiche Zeugenbefragungen, wie nach Schwerverbrechen üblich, scheiden aus. Nach großer Resonanz wird das Neuköllner Modell seit Juni in ganz Berlin angewandt.

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