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Namik A. soll 100 Kilo Kokain gekauft haben - ein V-Mann spielte dabei eine wichtige Rolle.

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Kokainprozess: Gericht zweifelt an Ermittlungen

Der Prozess um einen der größten Drogenfunde der vergangenen 30 Jahre läuft möglicherweise auf einen Deal hinaus – der Angeklagte kann auf eine deutlich mildere Strafe hoffen als das Gesetz vorsieht.

Der Prozess um einen der größten Drogenfunde der vergangenen 30 Jahre läuft möglicherweise auf einen Deal hinaus – der Angeklagte kann auf eine deutlich mildere Strafe hoffen, als das Gesetz als Höchststrafe vorsieht. Die Richter haben offenbar Zweifel, dass bei den Ermittlungen alles mit rechten Dingen zuging. Sie wollen den Prozess zügig beenden und suchen das Gespräch mit den Anwälten.

Mit knapp 100 Kilogramm Kokain war Namik A., Betreiber eines Cafés in Charlottenburg, am 18. August 2011 in Bremerhaven erwischt worden. Aus Sicht der Verteidigung war nicht A. die treibende Kraft hinter dem Drogengeschäft, sondern ein Mann, den das Landeskriminalamt (LKA) dafür bezahlte, dass er Informationen über Namik A. lieferte, um ihn als Drogenhändler zu überführen.

Die Richter der 25. Großen Strafkammer sollen nach Informationen des Tagesspiegels hinter den Kulissen signalisiert haben, dass sie A. maximal mit einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren belangen wollen. Ziel der Verteidigung ist es, dass A. eine Strafe erhält, die er im offenen Vollzug verbüßen kann. Anwalt Marcel Kelz sagt: „Der Staat hat definitiv Unrecht begangen.“ Für die Staatsanwaltschaft aber bleibt Namik A. der Boss einer Drogenbande. Es liege „keine unzulässige Tatprovokation“ vor, sagt sie. Namik A. hätte doch einfach Nein sagen können.

In dem türkischen Café in Charlottenburg ist fast alles so wie vor dem 18. August 2011. Nur der Mann, der ab Herbst 2009 mehrmals die Woche ins damalige „Arkadaslar“ kam und sein Bündel Geldscheine präsentierte, kommt nicht mehr. Moharem, so nannte er sich. Er war der V-Mann des LKA.

Im Februar 2010 sagte Moharem, er handle mit Drogen handele und kenne einen Hafenarbeiter in Bremerhaven, der Kokain am Zoll vorbeischmuggeln könne. Namik A. widerstand nicht. „Natürlich war der Gedanke, mit Moharems Hilfe viel Geld zu verdienen, für mich sehr verlockend“, lässt Namik A. seinen Anwalt vor Gericht verlesen. Der sagt, Namik A. habe so getan, als seien Drogengeschäfte für ihn nichts Neues. Er habe geprahlt: Er könne ohne Probleme 100 Kilogramm Kokain in einer Woche verkaufen. Für das LKA sind diese Worte die Bestätigung, dass A. seit Jahren dick im Geschäft war. Beweise fehlen, obwohl er ein Jahr und neun Monate lang überwacht wurde. Für den LKA-Mann, dem Moharem regelmäßig Bericht erstattete, kein Grund zu zweifeln: „Es hat sich doch bewahrheitet“, sagt der Beamte vor Gericht. „100 Kilo sind ja angekommen.“

Vor Gericht gibt Namik A. zu, dass er gelegentlich mit Autos gehandelt hat. Auch, dass in dem Café Kartenspiele um Geld stattfanden. „Drogengeschäfte gab es in meinem Café nicht“, trägt sein Anwalt für ihn vor. Erst Moharem habe ihn dazu verleitet. Namik A. versucht ab Sommer 2010, über Mittelsmänner mit Drogenhändlern ins Geschäft zu kommen. Nach einem Jahr schafft er es, eine Lieferung aus Südamerika zu organisieren.

Die Richter können Moharem nicht befragen. Das LKA versichert, Moharem sei ein zuverlässiger Informant. Überprüfen lässt sich das nicht. Der Staat schweigt über die Identität seiner V-Leute.

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