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Kreuzberg: Fünf Brandanschläge in 30 Minuten

Erneut wurden in Kreuzberg Autos angezündet, Anwohner löschten rechtzeitig. Die Zahl stieg in diesem Jahr auf 156. Meist werden Grillkohleanzünder benutzt.

Aufmerksamen Anwohnern ist es zu verdanken, dass die fünf Autos, die Unbekannte am Sonntagabend in Kreuzberg zwischen 20.45 und 21.15 Uhr anzünden wollten, nicht komplett in Flammen aufgegangen sind. Der Sachschaden blieb gering, weil die Anwohner die Fahrzeuge in der Paul-Lincke-Straße, der Admiralstraße und der Dresdener Straße rechtzeitig löschten. Die Polizei geht bei den jüngsten Vorfällen von vier politisch motivierten Taten aus. In dem fünften Fall allerdings – in der Dresdener Straße – soll laut Ermittlungen der Autobesitzer einen Versicherungsbetrug geplant und somit den Brandanschlag nur vorgetäuscht haben.

Damit ist die Zahl der politisch motivierten Brandanschläge auf Autos in diesem Jahr auf 156 gestiegen. Hinzu kommen 52 Fahrzeuge, die ebenfalls durch die Flammen beschädigt wurden, weil sie in der Nähe parkten. Das teilte der Chef des Landeskriminalamtes Peter-Michael Haeberer am Montag im Innenausschuss mit. Der LKA-Chef betonte erneut, dass die Polizei alles daran setze, die Täter zu fassen. Dies sei allerdings aufgrund der vielen Tatgelegenheiten (weit mehr als 5000 Kilometer öffentliches Straßenland und 1,4 Millionen zugelassene Autos) nicht einfach. Der Staatsschutz geht von 1100 „aktionsorientierten, gewaltbereiten Linksextremisten“ in Berlin aus.

Das sind etwa ein Sechstel aller gewaltbereiten Linksextremisten in Deutschland. Die Brandanschläge der linken Szene in Berlin auf Fahrzeuge sind im Vergleich zu den anderen Bundesländern überproportional hoch: Mit 63 Prozent stehe Berlin an der Spitze – vor Hamburg (15 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (5 Prozent). Schaut man sich die Verteilung der linksextremen Straftaten auf die Bezirke an, so steht Friedrichshain-Kreuzberg mit 67 an der Spitze, gefolgt von Mitte (37) und Pankow (22). Als Erfolg wertete Haeberer, dass in diesem Jahr 14 Tatverdächtige gefasst wurden – bei sechs lag eine politische Motivation vor. Sieben Verdächtige sitzen derzeit in Untersuchungshaft. Laut Haeberer ist es zudem immer schwieriger zu erkennen, ob ein politisches Motiv vorliegt: „Die Kriterien Bezirk, teures Auto und Brand sind zu simpel.“ Bislang seien zu den 156 angezündeten Autos lediglich 13 Selbstbezichtigungsschreiben aus der linken Szene eingegangen.

Im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung gab Haeberer zu bedenken, dass es ein großes Problem sei, dass die Täter mit einfachsten Mitteln ein Auto entflammen könnten: Wurden früher noch Brandflaschen mit Zündern gebastelt, würden jetzt Grillkohleanzünder benutzt. Wer Ahnung habe, schaffe es auch, mit einem einfachen Feuerzeug ein Auto anzustecken. Die Autoindustrie habe es versäumt, schwer entflammbares Material zu verwenden.

Zudem warnte der LKA-Chef vor den Gefahren der Autobrandanschläge: Die Flammen könnten eine Temperatur von bis zu 1000 Grad erreichen, sagte Haeberer. Da die Autos oft in der Nähe von Wohnhäusern stehen, könne es auch für Anwohner lebensgefährlich werden, wenn der Brand auf die Fassade übergreife. Bei Neufahrzeugen sei eine Explosion des Tanks nicht gegeben – bei alten Autos hingegen schon. Einzelteile flögen bis zu 50 Meter weit durch die Luft und hätten den Effekt einer „Rohrbombe“, stellte Haeberer dar. Tanja Buntrock

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