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Kriminalität: "Ein Aussetzer, ich war schlecht drauf"

Immer wieder hatte er junge Frauen angegriffen. Nach einer brutalen Messer-Attacke auf eine Schülerin steht ein 19-Jähriger nun zum wiederholten Mal vor Gericht.

Als der 19-jährige Kaan U. verhaftet wurde, war sein Gezeter groß. „Gefängnis würde mir nicht helfen“, rief er. Das war im April. Er war wegen Angriffen auf Frauen angeklagt. Im Urteil hieß es: „Er hat sicher ein Problem damit, gewaltfrei mit Frauen umzugehen.“ Seit gestern sitzt U. erneut vor Gericht. Wieder geht es um Attacken auf Frauen.

Aggressiv, machohaft und respektlos. So soll Kaan U. durch die Straßen gelaufen sein. Er beschimpfte junge Frauen, schlug und trat zu, zog zuletzt ein Messer. Am 16. November letzten Jahres war ihm eine 17-jährige Schülerin in der Neuköllner Juliusstraße ausgewichen. „Das Mädchen hatte das Gefühl, dass der ihr fremde Junge aggressiv sein könnte“, sagte der Staatsanwalt am Rande des Prozesses. Das habe U. wohl er erst recht zum Anlass genommen, sie zu attackieren. „Dann packte er sie an den Haaren, riss ihren Kopf nach unten und stach ihr mit dem Messer ins Gesicht.“ Die 17-Jährige erlitt eine Schnittwunde an der Oberlippe, eine Prellung sowie eine Gehirnerschütterung. Versuchter Totschlag – davon geht der Staatsanwalt diesmal aus. Zudem muss sich Kaan U. für einen Auftritt während des Prozesses im April verantworten. Damals ging er auf eine Zeugin zu und soll sie bedroht haben.

Ermittler hätten mit seinen Eltern gern über Erziehungsdefizite gesprochen. Das aber war nicht möglich. Sie seien vor Jahren in die Türkei zurückgegangen. Der in Berlin geborene Kaan U. war 15 Jahre alt, als er nach Erkenntnissen des Anklägers eigentlich ganz auf sich gestellt war. „Die Eltern wollten offensichtlich ihre Vier-Zimmer-Wohnung in Berlin halten und haben ihn angemeldet.“ Mit ausreichend Geld sei Kaan U. wohl stets von der Familie versorgt worden.

Im Juli 2005 verließ Kaan U. die Schule. Das war nach der 9. Klasse. Seitdem befinde er sich „in Maßnahmen“, sagte er. „Seit ungefähr einem Jahr ist er massiv auffällig geworden“, erklärte der Staatsanwalt. Ein Gutachter soll bei U. eine starke Verwahrlosung festgestellt haben. Doch nach vorläufiger Einschätzung soll keine psychische Störung vorliegen.

Gegenüber der Polizei soll U. die Messer-Attacke zwar zugegeben, sich aber mit Erklärungen wie „ein Aussetzer, war schlecht drauf, frustriert“ aus der Verantwortung gezogen haben. Am 6. November wird U. vermutlich vor seinen Richtern aussagen.

Kerstin Gehrke

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