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Kriminalität in Berlin: Schutzgelderpresser besuchten italienische Wirte

Drei Männer sollen im vergangenen Monat mehr als 30 italienische Restaurants erpresst haben. Jetzt sitzen zwei von ihnen in Haft. Die Polizei prüft mögliche Verbindungen zur Mafia.

Die italienische Mafia hat möglicherweise einen ersten Schritt nach Berlin gesetzt. Die Kriminalpolizei nahm über den Jahreswechsel drei Männer fest, die seit Mitte Dezember mindestens 40 renommierte italienische Lokale um Schutzgeld erpresst haben sollen. Wer nicht zahle, der müsse „Schmerzen“ ertragen, hieß es in einem anonymen Schreiben, das Mittelsmänner in Restaurants übergaben. Am zweiten Weihnachtstag flog dann eine Art Molotowcocktail in eine Trattoria in der Badenschen Straße in Wilmersdorf – auch dessen Wirt hatte die Schutzgeldforderung Tage zuvor erhalten. Die Brandstiftung hätte nicht nur das Lokal, sondern das ganze Haus zerstören können, sagte Chefermittler Axel Bédé gestern, es sei reiner Zufall gewesen, dass die Flammen nicht übergegriffen hätten.

Noch vor Weihnachten hatte die Abteilung für organisierte Kriminalität die Ermittlungen übernommen. Da es Hinweise gab, dass über Silvester Geld mit einer scharfen Waffe „eingetrieben“ werden sollte, wie Bédé sagte, wurden die Ermittlungen intensiviert. Am 30. Dezember waren die beiden Haupttäter identifiziert, in den letzten Stunden des alten Jahres überwältigte ein Spezialeinsatzkommando die beiden 26-jährigen Männer Sleiman A. und Domenico S. auf der Kantstraße. In der Neujahrsnacht durchsuchte die Polizei fünf Wohnungen, in denen 21 Erpresserbriefe und eine Waffe gefunden wurden. Dabei wurde ein dritter Mann, der 63-jährige Luigi S., festgenommen, der als Helfer jedoch wieder auf freien Fuß kam. Die beiden Haupttäter sind in Haft.

Domenico S. ist in Rom geboren und lebt erst seit kurzem in Berlin. Er ist wegen Drogendelikten und Gewalttaten polizeibekannt. Sein Komplize, der staatenlose Palästinenser Sleiman A., ist wegen Waffenbesitzes und Betruges vorbestraft.

Die beiden Männer seien mit mafiagleicher „Dreistigkeit“ in den Lokalen erschienen, hatten frohe Weihnachten gewünscht und einen Umschlag mit einem auf Italienisch verfassten Drohbrief auf den Tresen hinterlassen. In diesem wurde zu „spontanen Spenden für einen Heiligen Beschützer“ aufgefordert. Und weiter: „Jeden Monat werden unsere Beauftragten vorbeikommen“, um diese Spenden einzusammeln. Die Formulierungen vermittelten den Eindruck, dass der neapolitanische Mafiaarm „Camorra“ dahinterstehe, sagte Laura Garavini vom Verein „Italiener in der Welt“, der sich seit den Mafiamorden in Duisburg, wo im Sommer 2007 sechs Männer starben, gemeinsam mit der Polizei gegen die Mafia engagiert. Seitdem haben die Wirte spezielle Ansprechpartner im Berliner Landeskriminalamt (LKA).

„Es gab über Weihnachten eine Welle von Angst unter den Gastronomen“, sagte Garavini. Doch nicht alle Wirte ließen sich einschüchtern. „Wir haben das nicht so richtig geglaubt“, sagte der Besitzer von drei Lokalen in Kreuzberg, Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Dass in Wilmersdorf fast ein Lokal in Flammen aufgegangen sei, habe er erst beim Großhändler erfahren – seit Tagen gab es unter den Wirten kein wichtigeres Thema. Die Polizei hatte den Anschlag aus taktischen Gründen verschwiegen.

LKA-Abteilungsleiter Bernd Finger sagte gestern, dass nun die italienischen Behörden am Zuge seien, um Verbindungen der verhafteten Männer zur Mafia zu prüfen. Laura Garavini dankte der Polizei. „Sie hat uns das Gefühl vermittelt, dass wir in sicheren Händen sind, das ist großartig.“ Finger lobte im Gegenzug das Vertrauen der Wirte in die Polizei und bat alle, die ebenfalls erpresst wurden, sich jetzt noch zu melden.

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