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Kriminalität: Polizisten sollen Vietnamesen misshandelt haben

UPDATE Wegen Körperverletzung im Amt ermittelt die Staatsanwaltschaft Brandenburg gegen zwei Berliner Polizisten. Sie sollen am Mittwoch einen 21-jährigen Vietnamesen verprügelt und im Schnee ausgesetzt haben. Das ist kein Einzelfall, meinen Opferberater.

Der Vorwurf wiegt schwer. Berliner Polizisten sollen am Mittwoch einen mutmaßlichen Zigarettenhändler nach der Festnahme an einer unbefahrenen Straße in Brandenburg ausgesetzt und verprügelt haben. Man habe verhindern wollen, dass der Mann am Ort der Festnahme in Britz weiter illegal Zigaretten verkauft, hieß es. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam wegen Körperverletzung im Amt. „Die Polizisten sollen den Mann nach dem Aussteigen mit Fäusten geschlagen haben“, sagte Staatsanwalt Rolf Roggenbuck dem Tagesspiegel am Donnerstag. Ein Augenzeuge habe die Angaben des Opfers bestätigt. Ein Arzt stellte mehrere Prellungen bei dem 21-Jährigen fest. Auch der Tatvorwurf der Aussetzung werde laut Staatsanwaltschaft geprüft. Die zwei Tatverdächtigen seien noch nicht vernommen worden. Sie wurden nicht suspendiert und sind weiter im Dienst. Bei einer Verurteilung müssen sie mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren rechnen.

Wie berichtet, geschah der Vorfall am Mittwochnachmittag auf der Nördlichen Randstraße in Schönefeld. Der Zeuge rief einen Rettungswagen und die Brandenburger Polizei. Für den normalen Verkehr ist die völlig verschneite Straße eigentlich gesperrt. Nur landwirtschaftlichen Fahrzeugen ist die Durchfahrt erlaubt. Die nächsten öffentlichen Verkehrsmittel sind kilometerweit entfernt. Am äußersten Ende der Straße, wo die Ärzte sich um das Opfer kümmerten, flatterte am Donnerstag noch das Absperrband der Polizei.

Nach Angaben der Berliner Polizei hatten die Beamten den 21-Jährigen zuvor am U-Bahnhof Parchimer Allee in Berlin-Britz wegen illegalen Handels mit Zigaretten festgenommen. Das spätere Opfer habe sich bei der Flucht auf einer Treppe verletzt. Zudem soll er einem Beamten in den Finger gebissen haben. Der Mann habe für den Bereich einen Platzverweis erhalten. Gegen ihn wird wegen Widerstandes gegen Polizeibeamte, Körperverletzung und illegalen Handels mit unversteuerten Zigaretten ermittelt.

Biplab Basu von der Berliner Opferberatungsstelle Reachout überrascht der Vorfall nicht. „Uns sind einige Fälle bekannt, bei denen Menschen von der Polizei nicht nur misshandelt, sondern auch in entlegenen Gegenden ausgesetzt wurden.“ In einem Fall habe die Polizei sogar zwei 12- und 14-jährige Jungen von Schöneberg bis nach Wannsee gefahren und dort ausgesetzt. Dass Polizisten gerade bei Menschen mit dunklerer Hautfarbe unverhältnismäßig brutal zupacken würden, sei leider „eine regelmäßige Geschichte“. Das Problem sei, dass die Opfer große Angst hätten einen Polizisten anzuzeigen. Viele wüssten nicht einmal, dass so etwas möglich ist und sprächen zudem schlecht Deutsch. „Außerdem folgt bei einer Anzeige wegen Körperverletzung im Amt fast immer automatisch eine Gegenanzeige wegen Widerstand“, betont Basu. Derzeit versuche die Initiative Kontakt zu dem Opfer aufzunehmen, um ihm zu raten, Anzeige zu stellen und Unterstützung anzubieten. „Jeder Mensch hat Bürgerrechte, ob Zigarettenhändler oder nicht“, sagt Basu.

Kartenansicht vom Tatort nahe des Flughafens Schönefeld

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