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Mitte: "Kinderdealer" soll zum Gutachter

Wenige Wochen nach der Debatte um einen angeblich 13-jährigen Drogenhändler hegt die Polizei wieder große Zweifel am Alter eines Verdächtigen - und damit an seiner Strafunmündigkeit. Der Festgenommene muss sich nun einem Altersfeststellungsverfahren stellen.

Die Polizei, die den Verdächtigen mit zwei Komplizen am Montag auf dem U-Bahnhof Weinmeisterstraße festgenommen hat, glaubt dem angeblich zwölfjährigen mutmaßlichen Drogenhändler sein Alter nicht. Wie schon häufiger bei derartigen Festnahmen in der Vergangenheit gehen die Ermittler davon aus, dass sich der aus dem Libanon stammende Verdächtige für jünger ausgiebt, um als strafunmündig zu gelten und somit nicht belangt zu werden.

Um genauen Aufschluss über das Alter zu erhalten, hat die Polizei nach Tagesspiegel-Informationen ein Altersfeststellungsverfahren gegen Ahmad Y. angeregt. Er soll zudem bereits wegen Drogendelikten polizeibekannt sein. Zuletzt soll er aus einem betreuten Wohnheim in Lichtenberg abgehauen sein. Er wurde per Vermisstenanzeige gesucht. Die Beamten haben Ahmad Y. nach der Überprüfung wieder dem Betreuer des Wohnheims übergeben, hieß es gestern bei der Polizei.

Mehrere Stunden hatten Zivilbeamte am Montag U-Bahnhöfe der Linie U8 observiert und dort zunächst zwei Männer (41 und 44 Jahre) sowie eine 28-Jährige Frau festgenommen, die so genannte Szenekugeln mit Heroin auf den Stationen Bernauer Straße, Rosenthaler Platz und Weinmeisterstraße gekauft hatten.

Als Händler wurden von den Beamten ein 36-Jähriger, ein 17-Jähriger und der angeblich zwölfjährige Junge beobachtet. Bei dem Erwachsenen fanden die Polizisten Geld und Drogen, die beschlagnahmt wurden. Der 17-Jährige hielt sich zudem ohne Erlaubnis in Berlin auf: Als Asylbewerber konnte der im Libanon geborene Mann lediglich eine gültige "räumliche Aufenthaltsbeschränkung" für den Kreis Leipzig vorweisen, wie es bei der Polizei hieß. Er muss nun mit einem Verfahren wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie wegen Verstoßes gegen das Asylverfahrengesetz rechnen.

Vor wenigen Wochen hatte es eine große Debatte um Kinder als Drogendealer gegeben. Wie berichtet, hatte die Polizei mehrfach Rauschgifthändler gefasst, die angaben, noch Kinder zu sein - also unter 14 Jahre alt und damit strafunmündig. So, wie im Fall Hassan El-F., der behauptete, 13 Jahre alt zu sein. Die Polizei ließ daraufhin ein ärztliches Altersgutachten anfertigen: Der Gutachter schätzte aufgrund der Erkenntnisse das Alter auf mindestens 21 Jahre.

Bei der Gerichtsverhandlung im Januar dieses Jahres schwand die Bedeutung des Gutachtens jedoch: Die Richter gingen nun davon aus, dass der Angeklagte 17 Jahre alt ist, weil das Gutachten offenbar nicht alle Punkte berücksichtigt hatte, die für die Untersuchung nötig waren. Zudem wurde die Problematik der "Kinderdealer" auch unter den Parlamentariern im Abgeordnetenhaus diskutiert. Im Sommer hatte unter anderem der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit ein geschlossenes Heim für straffällige Kinder gefordert. Für dieses Jahr ist eine solche Einrichtung in Berlin geplant - allerdings soll es sich dabei nicht um einen "Kinderknast" handeln, sondern um eine Einrichtung, in der kriminelle Minderjährige auch längere Zeit festgehalten werden können.

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