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Nach dem Amoklauf: 20 Trittbrettfahrer in Berlin seit Winnenden

Der Amoklauf von Winnenden zieht eine Welle von Trittbrettfahrern nach sich. Allein in Berlin wurden 20 Taten angekündigt. Zuvor gab es in diesem Jahr lediglich fünf Fälle. Täter müssen mit empfindlichen Haft- und Geldstrafen rechnen.

Von Sandra Dassler

Nach dem Amoklauf in Winnenden stieg auch in Berlin die Zahl der Androhungen von Gewalt gegen Lehrer und Schüler. Seit dem 11. März registrierte die Polizei bereits 20 Fälle, bei denen Personen – zumeist Schüler – Gewaltverbrechen an Schulen ankündigten. Vom Beginn des Jahres bis zum 11. März hatte es nur fünf solcher Fälle gegeben. „Alle Drohungen erwiesen sich zum Glück als nicht ernst gemeint“, sagte eine Polizeisprecherin auf Anfrage des Tagesspiegels: „Aber sie erfordern umfangreiche Ermittlungen, binden Personal und sind daher alles andere als harmlos.“

Sogenannte Trittbrettfahrer müssen nicht nur mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren, sondern auch mit empfindlichen Geldstrafen rechnen. Erst im Februar war ein 22-Jähriger vom Amtsgericht Tiergarten zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte im Mai vorigen Jahres an einem Oberstufenzentrum in Kreuzberg mit der Drohung, „jemanden umzubringen“, Schüler in Panik versetzt und einen Großeinsatz der Berliner Polizei ausgelöst. Das Gebäude mit 2000 Schülern wurde evakuiert.

Als teilweise Wiedergutmachung musste der 22-Jährige nun auch 2400 Euro an die Justizkasse zahlen. „Die Bewährungsstrafe spürt er ja nicht, wenn er nicht noch einmal straffällig wird“, sagte die Sprecherin für die Berliner Strafgerichte Iris Berger: „Eine Geldstrafe deckt zwar nicht alle Kosten, die entstanden sind, tut manchem Täter aber mehr weh als die Bewährungsstrafe.“

Auch die Berliner Polizei denkt über Geldforderungen nach: „Angesichts der steigenden Zahl von Trittbrettfahrern prüfen wir, ob wir den Tätern künftig alle Kosten eines Polizeieinsatzes in Rechnung stellen“, sagte die Sprecherin. Die Feuerwehr würde dies ohnehin tun. „Zwar hat es bislang noch keinen solchen Fall gegeben“, sagte ein Sprecher: „Aber wenn wir beispielsweise wegen einer Falschmeldung über einen Amoklauf mit mehreren Rettungswagen ausrücken, würden wir die Kosten immer dem Verursacher in Rechnung stellen.“

Außerdem können auch hohe Schadenersatzforderungen auf den Täter oder seine Eltern zukommen. Dafür wären dann allerdings Zivilgerichte und nicht die Strafgerichte zuständig, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald. So könnten auch Schul- oder Ordnungsämter Ansprüche geltend machen.

Anklagen oder beschleunigte Verfahren gegen Trittbrettfahrer habe es in Berlin noch nicht gegeben, sagte Grunwald. In Brandenburg, wo die Polizei ein Dutzend Trittbrettfahrer registrierte, wurden bereits zwei Jugendliche verurteilt. Gestern sprach das Amtsgericht Potsdam einen jungen Mann in einem beschleunigten Verfahren wegen zweifacher Androhung von Straftaten schuldig. Er muss für eine Woche in Dauerarrest. Am Dienstag war ein 19-Jähriger vom Amtsgericht Bad Liebenwerda wegen einer Amokdrohung zu vier Wochen Jugendarrest verurteilt worden.Sandra Dassler

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