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Nach Tod eines Sexualstraftäters: 16-jähriger Schüler wegen Totschlags verurteilt

Zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wurde am Donnerstag der 16-jährigen John S. verurteilt. Er gestand, im November 2012 den 55-jährigen Harry H. erstochen zu haben. Wenige Monate zuvor sei der 16-Jährige von dem 55-Jährigen missbraucht worden.

Der Teenager, der einen vorbestraften Kinderschänder erstochen hatte, ist kein Mörder. Das Landgericht sprach den 16-jährigen John S. am Donnerstag des Totschlags schuldig und verhängte eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Er sei wenige Monate zuvor von dem 55-jährigen Opfer missbraucht worden. Das sei die Triebfeder gewesen, hieß es nach dem nicht öffentlichen Prozess. Die Anklage war dagegen von Mord aus niedrigen Beweggründen ausgegangen. S. habe Selbstjustiz geübt.

Der Schüler gehörte zu Jungen, die Harry H. in seine Wohnung im Falkenhagener Feld in Spandau gelockt hatte. Er bot den zumeist aus schwierigen Verhältnissen stammenden Kindern und Jugendlichen Tabak, Alkohol, Fernsehen, Playstation. Fast täglich sollen sich Minderjährige in der vernachlässigten Wohnung von H. aufgehalten haben. Im Juli 2012 war John S. einmal allein dort. Er wurde Opfer des Sexualstraftäters. Zwar kam es zu einem Verfahren, weil ein anderer Junge zur Polizei gegangen war und H. angezeigt hatte. Der als schüchtern und sensibel geltende S. aber schwieg damals.

Harry H. war bereits im Jahr 2002 in Dresden wegen schweren Missbrauchs von sieben Kindern zu drei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt worden. Bis Mai 2011 stand er unter Führungsaufsicht und durfte sich Minderjährigen nicht nähern. In der Spandauer Siedlung soll bekannt gewesen sein, dass der Mann ständig Teenager einlud. Es kam 2011 zu einem Verfahren, doch es endete mit Freispruch. Die Angaben der beiden mutmaßlichen Opfer waren widersprüchlich.

Am 1. November 2012 ging John S., damals 15 Jahre alt, zu dem Pädophilen. Er wollte ihn zur Rede stellen, hieß es am Rande des Prozesses. Als er den Mann vor sich sah, „drehte er durch“. Mindestens vier Mal soll er laut Ermittlungen auf H. eingestochen haben. Als die Polizei kam, saß er im Treppenhaus. John S., der nicht vorbestraft ist, hob die Arme und fragte: „Darf ich gestehen.“ Er quäle sich mit Selbstvorwürfen, hieß es.

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