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Plötzensee: Alle auf einen

Drei Insassen der Jugendstrafanstalt Plötzensee wurden wegen Körperverletzung verurteilt - sie hatten einen Mitgefangenen misshandelt.

René E. ist im selben Alter wie seine Widersacher - dass er es mit den Dreien nicht aufnehmen kann, erkennt man auf den ersten Blick. Blass sitzt der 21-Jährige im Gerichtssaal, ein schmaler, junger Mann. In der Jugendstrafanstalt (JSA) hatten die Justizbeamten immer ein besonderes Auge auf René E. "Er war oft Ziel von Übergriffen", sagt der Justizbedienstete Jan W.

Und deshalb sitzt René W. diesmal nicht als Angeklagter, sondern als Zeuge vor Gericht. "Erst haben sie nur Ausdrücke gesagt, später wurden sie auch gewalttätig", sagt René E. und meint die drei Heranwachsenden neben ihm: Mohamad A. (20), Adrian S. (21) und Berhant U. (21). Alle drei tragen ihr schwarzes Haar kurzgeschoren, bunte Pullover über breiten Schultern. Sie sollen René E. im Gefängnis immer wieder drangsaliert, bedroht und geschlagen haben. Einmal - so heißt es in der Anklage - forderte einer, dass René E. für ihn in der Anstalt "anschaffen" gehen solle. Den Tabak, den er als Lohn für sexuelle Dienste erhalte, müsse er bei ihm abgeben. Stimmt schon, gibt Berhant U. vor Gericht zu, aber: "Das war nur Spaß." Es sei auch nicht wahr, dass man René E. zwingen wollte, in der Zelle eine Linie Kokain zu ziehen. "Das waren nur zerbröselte Kopfschmerztabletten."

Drogen und Gewalt - das sind die Schlagworte, die Plötzensee in Verruf und die Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) in Bedrängnis gebracht haben. In der Sondersitzung des Rechtsausschusses soll es am Montag um die Zustände in der Strafanstalt gehen, in die Drogen und Handys über die Gefängnismauer eingeschmuggelt worden waren. Dass Gewalt unter den rund 580 Insassen beinahe zum Alltag gehört, war schon vorher bekannt. 99 Körperverletzungen hat die Justizverwaltung in den ersten vier Monaten des Jahres 2007 registriert - die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen.

Auch René E. hat lange gewartet, bis er sich einem Mitarbeiter anvertraute. Er hatte Angst, "dass alles noch schlimmer wird". Als der Richter fragt, weshalb niemand vom Personal die Übergriffe bemerkt habe, sagt der Zeuge: "Manchmal ist auf der Station zwei Stunden niemand da." Die Zellen seien dann offen und die Gefangenen unter sich. Inzwischen seien viele Regeln verschärft worden. "Wenn jetzt ein Beamter weg muss, gibt es Einschluss", sagt René E. Am Ende wurde das Trio wegen Körperverletzung verurteilt: Berhant U. muss drei Monate, Adrian S. einen Monat länger im Gefängnis bleiben und Mohamad A. soll 40 Stunden in der Freizeit arbeiten.

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