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Im Fokus der Ermittler. Immer wieder ist die Polizei im Görlitzer Park im Einsatz, um die Drogenkriminalität in den Griff zu bekommen.

© Kai-Uwe Heinrich tsp

Polizei: Toter im Görlitzer Park war offenbar Drogendealer

Ein 28-jähriger Mann aus Gambia wurde am Mittwochabend erstochen im Görlitzer Park aufgefunden. Das Freigelände in Kreuzberg gilt als Schwerpunkt für Kriminalität.

Am Mittwochabend wurde im Görlitzer Park ein 28-jähriger Mann erstochen – ein Drogendealer, wie die Polizei herausfand. Einen Tag später sind die Besucher im Park nicht sonderlich geschockt. Der „Görli“ ist bekannt als Kriminalitätsschwerpunkt. Seit langem teilen sich die Anwohner die Grünanlage mit Drogendealern, Trinkern und Junkies. Sie kommen trotzdem, weil es keine Alternativen gibt. Mit viel Zeit und Geld versuchen Bürger und Bezirk, das Schmuddelimage abzuschütteln. Bisher vergebens.

Von Treptow kommend, ist der Weg zur Ruine des ehemaligen Pamukkale- Brunnens im Nordwesten des Parks steinig und größtenteils unbefestigt. Einige Mütter schieben ihre Kinderwagen über den feuchten Lehmboden. Links und rechts haben sich auf den Bänken die Alkoholiker versammelt. Friedlich. Nur als sich die Flaschensammler um das Pfand streiten, wird es kurz lauter. Selbst die Dealer scheinen äußerst gut gelaunt. „Wie geht’s? Du want Gras?“, fragt einer, der mit seiner Jamaika-Wollmütze stereotyper nicht aussehen könnte. „Erst wenn sie betrunken sind, werden sie aggressiv“, erzählt eine Passantin. Nicht einmal 50 Meter steht der Dealer vom Eingang zum Kinderbauernhof entfernt.

„Die Dealer stören mich nicht“, sagt ein Mann, der mit seinen zwei- und vierjährigen Söhnen mindestens einmal im Monat dorthin kommt. „Ein wirkliches Freizeitangebot ist es nicht, aber man kann die Kids toben lassen.“ Dass alles so heruntergekommen sei, sagt er, sei das Hauptproblem, denn das ziehe die unerwünschte Klientel ja an. Bürgerinitiativen wie „Transitiontown“ oder das Türkisch-deutsche Umweltzentrum wollen genau da ansetzen. Der Kinderbauernhof war so ein Projekt, das den Park aufwerten sollte. Mittlerweile wurde dem Bezirk im Rahmen einer Ideenwerkstatt ein Konzept für die weitere Nutzung vorgelegt. Obstbäume sollen gepflanzt werden, ein interkultureller Garten Integration und Umweltbewusstsein fördern. Doch die Finanzierung ist nicht geklärt, und die Spenden laufen den Organisatoren zufolge schleppend.

Dabei hat der Bezirk im vergangenen Jahr fast 300 000 Euro in die Erhaltung des Parkes investiert, sagt Ordnungsstadtrat Peter Beckers (SPD). Polizei und Ordnungsamt haben die Präsenz im Park stark erhöht. Doch weder im Bereich der Grünanlagen noch bei der Kriminalitätsproblematik lässt sich ein Fortschritt erkennen. Der Tote vom Mittwoch ist nur eines der Opfer von zahlreichen Verbrechen im Görlitzer Park. 2009 führte die Polizei dem Ordnungsamt zufolge 191 Einsätze durch, bei denen über 1000 Personen überprüft wurden. 195 davon wurden daraufhin festgenommen. Die Tendenz ist steigend. Allein im ersten Halbjahr 2010 waren es 212 Personen.

Auch der Tote war mehrfach durch Drogenkriminalität aufgefallen. Die meisten der Dealer im Görli sind Flüchtlinge, oder, wie der Tote, illegale Einwanderer aus Gambia und anderen afrikanischen Staaten. Da sie aufgrund ihres Aufenthaltsstatus’ häufig keine legalen Erwerbsmöglichkeiten haben und „nur“ weiche Drogen wie Marihuana verkaufen, wurde unter Anwohner in Internetforen und Arbeitsgruppen kontrovers diskutiert, ob sie nicht auch ein Recht hätten, im Görlitzer Park zu sein. Nach dem Mord am Mittwoch dürfte der Ruf nach mehr Kontrollen nun aber wieder lauter werden.

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