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Prozess: Jahrelang das Amt beschwindelt

Mit gefälschten Zahnarztrechnungen erschlichen sich zwei Frauen 600.000 Euro Beihilfe. Das Gericht kritisiert, dass es ihnen erschreckend leicht gemacht wurde.

Die „Selbstversorgung“ war für die damalige Mitarbeiterin des Berliner Verwaltungsamtes zur kriminellen Routine geworden. Die 57-jährige Marlies S. erschlich gemeinsam mit einer Zahnarzthelferin aus ihrer Verwandtschaft rund 600 000 Euro. Drei Jahre und zwei Monate Haft verhängte das Landgericht gestern gegen die geständige Frau. Ihre Komplizin Michaela B. soll für zwei Jahre und acht Monate in Haft.

Mit gefälschten Zahnarztrechnungen für das Gebiss des beihilfeberechtigten Ehemannes der 40-jährigen Michaela B. prellten sie die Landeskasse fünf Jahre lang. „Es ist erschreckend, wie leicht ihnen das gemacht wurde“, kritisierte das Gericht. In der Behörde habe es damals keine Sicherheitsvorkehrungen gegeben. Obendrein sei oberflächlich gearbeitet worden. Einmal gingen beispielsweise an einem Tag gleich vier Anträge auf Beihilfe für angebliche Behandlungskosten für das Gebiss des wohl ahnungslosen Justizwachtmeisters ein – und wurden ohne Beanstandung erledigt. Bis zu 12 400 Euro ergaunerten sie im Einzelfall.

Auf einer Familienfeier hatten sie den Schwindel ausgeheckt. „Wir haben erst rumgeblödelt“, sagte die langjährige Mitarbeiterin des Amtes. Sie war für den Buchstaben B zuständig, die Frau ihres Neffen hatte aus einer Zahnarztpraxis ein Abrechnungsprogramm. Kurz darauf saß Michaela B. zu Hause am Computer und schrieb im Namen ihres Mannes den ersten Antrag. „Die Beihilfestelle war stets unter Druck, es muss schnell bearbeitet werden“, erklärte die damalige Mitarbeiterin. Zudem seien die Fälschungen „maschinell erstellt und plausibel“ gewesen. Aufgeflogen waren sie im August 2008.

„Hier hat offenbar die Gier über den Verstand gesiegt“, sagte der Vorsitzende Richter am Ende des Prozesses um schwere Untreue, Urkundenfälschung und Korruption. Die Frauen sollen ins Gefängnis und sie müssen den finanziellen Schaden nach Kräften begleichen. Beide haben die Schuld zivilrechtlich anerkannt. Es gab Pfändungen. Michaela B. sagte, sie habe bislang etwa 30 000 Euro getilgt. Dass im Laufe der Jahre eine derart große Summe zusammengekommen ist, habe sie gar nicht bemerkt. K.G.

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