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Update

"Rio Grande": Staatsschutz prüft Übergriff auf Kreuzberger Lokal

Das Kreuzberger Lokal "Rio Grande" ist in der Nacht zu Dienstag von Unbekannten mit Parolen beschmiert und demoliert worden. Die Betreiber sind ratlos, warum sie zum "Feindbild" wurden. Der Staatsschutz prüft die Tat.

Der frühe Anruf der Putzfrau verhieß nichts Gutes, als Dietmar Schweitzer (54) am Dienstagmorgen auf sein Handy blickte. Wenig später standen er und seine Lebensgefährtin Edith Berlinger (51) vor ihrem Restaurant „Rio Grande“ am Kreuzberger May-Ayim-Ufer, direkt an der Spree mit Blick auf die O2-World auf der anderen Uferseite. Sie waren fassungslos über das, was Unbekannte in ihrer Zerstörungswut angerichtet haben: Vier große Schirme samt Ständer hatten sie von der Terrasse ins Wasser geworfen, zwei Scheiben des Lokals zertrümmert und ihre Parolen mit weißer Farbe hinterlassen: „Fuck Off, Yuppies“, und „ACAB“ (All Cops Are Bastards). Dann flüchteten sie. Ein Zeuge rief die Polizei.

„Wir haben niemandem etwas getan“, sagen die beiden Österreicher. Das Paar lebt seit mehr als 20 Jahren in Kreuzberg. Warum sie das Ziel von offenbar linken Aktivisten geworden sind, deren Zorn sich laut der Parolen gegen „Yuppies“ im Kiez richtet, verstehen sie nicht. „Wir sind selbst betroffen von maßlos überhöhten Mietsteigerungen“, schildert Edith Berlinger. Anfang der 90er Jahre haben sie das „Altenberg“ in der Oppelner Straße in Kreuzberg betrieben. „Doch nach drei Jahren mussten wir raus, wegen einer extremen Mieterhöhung“, sagt Schweitzer. Danach eröffneten die Gastronomen das bekannte Restaurant „Jolesch“ in der Muskauer Straße, das sie vor einigen Jahren abgegeben haben, um 2009 das „Rio Grande“ nahe dem Schlesischen Tor zu betreiben.

Auch privat sei das Paar von einer heftigen Mieterhöhung für ihre Wohnung in Nord-Neukölln überrascht worden. „20 Prozent mehr, das hat uns schon sehr verärgert, wenn die Vermieter das Maximum herausholen wollen“, sagt Schweitzer. „Aber deshalb kann man seine Wut doch nicht an anderen auslassen". Das Restaurant biete österreichische Küche mit einem „Preis-Leistungs-Verhältnis für jedermann“, betont sie.

Das Publikum sei gemischt: Touristen und Medienleute von „Universal“ ebenso wie alt eingesessene Kreuzberger aus dem Kiez. Der Schaden werde sich auf einige tausend Euro belaufen, schätzen die Gastronomen. Zwei der vier Schirme, die die Täter ins Wasser geworfen haben, konnte Schweitzer wieder an Land ziehen. „Die anderen liegen jetzt irgendwo auf dem Grund der Spree. Aber was kann denn der Fluss dafür?“, fragt er.

Der Polizeiliche Staatsschutz prüft den Fall nun. Hinweise auf die Täter gibt es noch nicht. Erst vorigen Montag hatte es ein paar Meter weiter, in der Bevernstraße 2, einen Großeinsatz der Polizei gegeben: Es bestand der Verdacht einer Hausbesetzung. In dem Gebäude steht die Hälfte der Wohnungen leer. Ein Investor hatte das Haus im vorigen Jahr von der Wohnungsbaugesellschaft GSW gekauft. Aktivisten sprechen davon, dass das Haus entmietet wurde. „Vielleicht hat die Aktion gegen uns irgendwie mit dem Haus zu tun“, mutmaßt Schweitzer. Die Polizei sagt, es werde in alle Richtungen ermittelt.

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