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© Polizei

Rockerkrieg: Spezialeinheit fahndet nach Rocker-Mörder

Die Polizei ist im Rocker-Milieu präsenter denn je. Sogar eine Spezialeinheit aus rund 30 Beamten mit dem Namen „Besondere Aufbauorganisation Hohenschönhausen“ wurde gegründet. Hunderte Hinweise zum Fall Michael B. sind eingegangen. Politiker fordern Ermittler und V-Leute im Kampf gegen kriminelle Motorradclubs.

Trotz vieler Hinweise haben die Beamten keinen Tatverdächtigen im Mordfall Michael B. Zwar war es ihnen gelungen, am Sonnabend einen 38-Jährigen vor dem Clubhaus der „Brigade 81“ – einer Unterorganisation der Hells Angels – festzunehmen, doch der Mann ist wieder auf freiem Fuß. Bei ihm hatten die Beamten eine Pistole entdeckt. Mittlerweile ist klar, dass es sich nicht um die Tatwaffe handelt, mit der vergangene Woche das ehemalige Hells-Angels-Mitglied Michael B., 33, erschossen worden war. „Gegen den Verdächtigen wird wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz ermittelt“, sagte der Abteilungsleiter für Organisierte Kriminalität, Bernd Finger.

Wie berichtet, soll Michael B. umgebracht worden sein, weil er zum verfeindeten Rockerclub „Bandidos“ überwechseln wollte. Um weitere Auseinandersetzungen zu verhindern, sei die Polizei nun in Uniform und in Zivil massiv im Einsatz und beobachte die Szene. Vergeltungsaktionen sollen verhindert werden. „Wir setzen alles daran, den Fall möglichst rasch aufzuklären und sind erfreut, dass es bereits mehrere hundert Hinweise gab“, sagte Finger.

Für die Sicherheitspolitiker der Parteien ist der Mord im Rockermilieu Anlass, schärfere Maßnahmen gegen Hells Angels und Bandidos zu fordern. So sieht der Abgeordnete Peter Trapp (CDU) die Steuerfahndung in der Pflicht: Wenn Rocker viel Geld für schwere amerikanische Motorräder und Vereinsheime hätten, müssten sie es vorher verdient haben. Wo – das sollen die Steuerfahnder herausfinden. Der Grünen-Politiker Benedikt Lux sagte, es sei wichtig, dass die Polizei jetzt bis hin zu verdeckten Ermittlern alle Mittel einsetze. Dass solche Fahnder im Rockermilieu unterwegs sind, hatte Peter-Michael Haeberer vom Landeskriminalamt in einer Anhörung des Innenausschusses zu Straftaten in der Rockerszene im November 2008 bestätigt. Dem FDP-Sicherheitsfachmann Sebastian Kluckert geht das nicht weit genug. Er meint, die Polizei solle das kriminelle Rockermilieu mit „Spitzeln“ – also V-Leuten – ausforschen. Auch müsse ein Verbot der Rocker-Organisationen geprüft werden. Da sind andere Politiker skeptisch: Die großen Rockerclubs seien international organisiert und deshalb schwer zu verbieten. Außerdem könnten sie sich leicht unter anderen Namen neu zusammenschließen.

So sieht es auch Dezernatsleiter Finger. „Eine weltweite Organisation müsste man auch weltweit verbieten.“ Da dies nicht funktioniere, sei es wichtiger, in die „Kerntätigkeitsfelder“ der Gruppierungen einzudringen. Diese werden gemeinhin mit den Schlagwörtern illegale Prostitution, Drogen- und Waffenhandel sowie dem Kampf um die Vormachtstellung in der Türsteher-Szene umschrieben. Dahinter verbirgt sich ein straff organisiertes kriminelles Betätigungsfeld. „Wer die Tür hat, hat die Macht“ – so lautet die Devise vor allem im Rotlicht-Milieu, aber auch in den Großraum-Diskotheken am Stadtrand. Und deshalb arbeite ein Großteil der kriminellen Rocker-Mitglieder bei zwielichtigen Sicherheitsunternehmen, deren Mitarbeiter den Einlass der Etablissements kontrollieren. Und damit hätten sie die Macht über den Drogen- und Waffenhandel, der in den Hinterzimmern stattfindet. „Durch ihr Gewaltpotenzial schaffen sie es, die Türsteher-Dienste bei den Betreibern zu erzwingen“, sagt Finger. Und offenbar haben nicht allzu viele Wirte den Mut, sich gegen diese Macht aufzulehnen. Anders gesagt: Wer sich widersetzt, der muss mit Gewaltaktionen rechnen. Die meisten der Mitglieder arbeiten hauptsächlich an der Tür von Clubs im Rotlichtmilieu – und zwar ohne Rocker-Kutte.

Einige andere verdienen ihr Geld durchaus mit anderen Nebenjobs: häufig in Tattoo-Läden, Geschäften für Szene-Kleidung, aber auch in KfZ-Werkstätten. Ein anderes Betätigungsfeld sei das „Abschöpfen“ von Prostituierten auf dem Straßenstrich. Teilweise auch von Frauen, die aus Osteuropa und angrenzenden Ländern nach Deutschland geholt und unter menschenverachtenden Bedingungen zur Prostitution gezwungen würden.

Tanja Buntrock/Werner van Bebber

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