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Die kleine Lily starb vor zwei Jahren im Krankenhaus. Sie war nach einem Einbruch durch die Eisdecke eines Sees wegen Unterkühlung ins Koma gefallen.

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Update

Tod im Eiswasser: Kita-Erzieherinnen wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen

Die zweieinhalbjährige Lilly ertrank beim Ausflug. Für das Gericht war es fahrlässige Tötung.

Die zweieinhalbjährige Liz saß wimmernd im eiskalten Wasser, während die gleichaltrige Lilly scheinbar leblos auf der Oberfläche einer alten Tongrube trieb. Das dünne Eis hatte die kleinen Körper im Dezember 2010 im Eberswalder Ortsteil Finow nicht tragen können. Erst zehn Minuten nach dem Sturz ins Wasser kam Hilfe. Doch die Kunst der Ärzte konnte nur Liz am Leben halten. Lilly starb neun Tage später in einem Berliner Spezialkrankenhaus.

Am Mittwoch wurden die Verantwortlichen für den Tod im Amtsgericht Eberswalde verurteilt. Zwei Erzieherinnen der Kita „Kunterbunt“ erhielten wegen fahrlässiger Tötung eine Freiheitsstrafe von elf beziehungsweise zehn Monaten, die das Gericht für jeweils zwei Jahre zur Bewährung aussetzte. „Grobe Nachlässigkeiten“ während eines Ausfluges mit 26 Kindern und weiteren drei Betreuern in die verschneite Umgebung der Kindertagesstätte hätten zum Tod des Mädchens geführt, hieß es in der Urteilsbegründung.

Im Gerichtssaal trennten nur drei Meter die beiden 43 und 45 Jahre alten Angeklagten von den Eltern von Liz. Während das junge Paar immer wieder mit versteinertem Blick auf die beiden Frauen schaute, vergruben diese ihr Gesicht entweder hinter den ins Gesicht fallenden Haaren oder hinter einem Taschentuch.

Am Schluss der Verhandlung bat die 45-jährige Gabriele B. die Eltern um Verzeihung. „Ihnen ist das Schlimmste passiert, was Eltern erleiden müssen“, sagte sie unter Tränen. „Auch ich denke Tag und Nacht an diesen Unfall und kann deshalb nie wieder glücklich sein.“ Die Eltern zeigten keine Regung. Das Gericht hielt der gelernten Maschinenbauzeichnerin, die sich vor einigen Jahren zur Altenpflegerin umschulen ließ und erst seit August 2010 eine eigene Kita-Gruppe leitete, die „kurze Berufserfahrung“ zugute.

Deshalb erhielt sie eine geringere Strafe als ihre seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Kinderbetreuung beschäftigte Kollegin Mara E., die ebenfalls den Tod des Mädchens aufs Tiefste bedauerte. Beide Frauen verließen nach dem Vorfall vor anderthalb Jahren die Kita und sind heute anderswo in der Stadtverwaltung beschäftigt.

Für das Amtsgericht begann die Tragödie mit dem „unerklärlichen Verzicht“ der beiden Erzieherinnen auf das ordnungsgemäße Sammeln und Zählen der Kinder vor der Rückkehr vom Garagenkomplex in die 180 Meter entfernte Kita. Nur so sei das Fehlen der beiden Mädchen nicht aufgefallen. Während die fünf Erwachsenen – zur Betreuung waren neben den verantwortlichen Erzieherinnen zwei Praktikantinnen und eine Ein-Euro-Jobberin eingesetzt – und die anderen 24 Kinder zum Mittagessen liefen, rutschten Liz und Lilly unbemerkt aufs Eis. Erst in der Kita fiel ihr Fehlen auf. Eine fieberhafte Suchaktion begann.

Das Gericht widersprach den Argumenten der Verteidiger, die von einem „unerklärlichen Unglück“ sprachen. Es sei eine Pflichtverletzung, die vielleicht durch eine gewisse Routine der Arbeitsabläufe begünstigt worden sei. Die Verteidiger schlossen einen Einspruch gegen das Urteil nicht aus.

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